Erkundung im Rettungsstollen des Arlinger Tunnels: Martin Wagner, Michael Schwab, Robin Seithel, Jürgen Genthner, Ralf Brunow (von links) mit PZ-Reporter Olaf Lorch-Gerstenmaier. 200 Meter fehlen noch, dann bricht die Tunnel-Hauptröhre an der B294 ans Tageslicht. Foto: Meyer
Pforzheim
Westtangente: Arbeiten am Südportal des Arlinger Tunnels beeinflussen Verkehr auf B294
  • pm/tok

Pforzheim. Die Baustelle nimmt eine gewaltige Fläche ein, doch seit Mitte Mai 2019 sieht man, wenn man auf der Dietlinger Straße zwischen Pforzheim und Keltern an ihr vorbeifährt oder auf der Westtangente von der Wilferdinger Höhe kommend direkt auf sie zusteuert, kaum etwas von einem Baufortschritt. Das geht auch schlecht, denn hier wird im Verborgenen, nämlich unterirdisch gearbeitet. Nur wenn man im Tunnel steht, kann man erahnen, wie flott es im Zuge des 1. Bauabschnitts der Baumaßnahme „B463, Westtangente Pforzheim“ beim Tunnelbau vorangegangen ist. Jetzt sieht man es auch von der B294 aus, denn hier finden aktuell vorbereitende Arbeiten am künftigen Südportal des Arlinger Tunnels statt.

Mitte Mai 2019 haben die Bauleistungen für die Rohbauarbeiten des Arlinger Tunnels begonnen. Ende August 2019 startete die bergmännische Bauweise. Die Hauptröhre konnte inzwischen rund 1150 Tunnelmeter vorangetrieben werden, wobei der bergmännische Vortrieb des Rettungsstollens bereits abgeschlossen ist.

Baggerbiss statt Sprengung - Keine Gefahr für Anwohner

Derzeit findet der Tunnelvortrieb der Hauptröhre zwischen der Arlinger Straße und dem Hegauweg statt. Aufgrund der unmittelbaren Nähe zur Bebauung erfolgt der Vortrieb nicht wie bislang durch Sprengen, sondern überwiegend mechanisch, das heißt durch Lösen des Gebirges mittels Bagger und einer vorauseilenden Sicherung in Form eines Bohrrohrschirms. Sollte sich das zu lösende Felsgestein in einigen lokalen Bereichen als zu hart erweisen, sind Lockerungssprengungen erforderlich.

Eine Gefährdung für die darüber liegenden Gebäude bestehe nicht, wie es das Regierungspräsidium Karlsruhe (RP) in einer Pressemitteilung erklärt. „Die Tunnelvortriebsarbeiten werden durch baubegleitende Kontrollmessungen an der Oberfläche und den Gebäuden ständig überwacht. Die gesetzlichen Vorschriften für Lärmemissionen wurden sowohl tagsüber als auch nachts stets eingehalten“, heißt es von Seiten des RP. Aufgrund der Nähe zur Bebauung sei es jedoch möglich, dass die Sprengarbeiten spürbarer wahrgenommen würden.

Verkehrsbehinderung an der B294 durch Baustelle am südlichen Tunnelportal

Neben den unterirdischen Bauarbeiten wird jetzt auch an der Baustelle an der B294 beim Brötzinger Tal zwischen Pforzheim und Birkenfeld umfangreicher gearbeitet. Nach Abschluss der Rodungsarbeiten sowie der Baufeldvorbereitung wird dort ab Dienstag, 6. Oktober, mit den Erdarbeiten für die offene Bauweise „Süd“ begonnen.

Für die Herstellung der Baugrube müssen rund 75.000 Kubikmeter Boden- und Felsmaterial gelöst und abtransportiert werden. Der Transport erfolgt außerhalb des Wohngebietes über den Weg Zum Lachenwäldle und über die B294.

Zur Gewährleistung einer verkehrssicheren Abwicklung des Baustellenverkehrs im Zuge der Erdarbeiten sowie des Andienungsverkehrs im Rahmen der weiteren Bauabläufe am Südportal wird ab 6. Oktober eine verkehrsabhängige temporäre Ampel an der Einmündung Zum Lachenwäldle/B294 eingerichtet.

Unterirdisch ging es zügig voran - Warten auf den 2. Abschnitt

Anfang August konnte Jürgen Genthner, Referatsleiter beim Regierungspräsidium Karlsruhe, am Rande einer Feuerwehrübung an der Tunnelbaustelle eine gute Nachricht verkünden: Trotz einmonatiger Corona-Pause liege der Tunnelbau im Zeitplan. Bauleiter Ralf Weißenburger ergänzte damals: Der Tunneldurchstich an der B294 im Brötzinger Tal wäre noch vor Jahresende und nicht erst im Frühjahr 2021 möglich.

Ist der 1,35 Kilometer lange Tunnel fertiggestellt, soll Ende 2023 der Verkehr vom A8-Anschluss Pforzheim-West bis ins Enztal an die B294 ohne Ampelstaus fließen.

Aber wann kommt der zweite Westtangenten-Abschnitt mit dem Tunnel unterm Sonnenberg hindurch zur B463 ins Nagoldtal? Da musste Genthner vor zwei Monaten noch passen. Zu viele Wenn und Aber würden eine Prognose unmöglich machen.

Zahlen und Fakten zum 1. Bauabschnitt der Westtangente

Ausgangslage

Im Innenstadtbereich Pforzheims treffen die Verkehrsströme dreier Bundesstraßen aufeinander. Die B10 kommt aus Karlsruhe und führt in Ost-West-Richtung nach Stuttgart, die B294 aus dem Enztal führt in Süd-West-Richtung nach Bretten. Aus der Stadtmitte in Richtung Nagold führt die B463 in Süd-Richtung. Bedingt durch eine fehlende Verkehrsverbindung zwischen den qualifizierten Straßen im gesamten Raum westlich außerhalb von Pforzheim sowie dem ein- und ausströmenden Ziel- und Quellverkehr entsteht im Innenstadtbereich ein großer Anteil an Durchgangsverkehr mit entsprechend hohem Schwerverkehrsanteil. Daneben wird das beschriebene Netz an Wochenenden zusätzlich durch Freizeitverkehr belastet, der mangels alternativer Fahrtrouten in den Schwarzwald entsteht. Dies verdeutlicht den unmittelbaren Bedarf einer leistungsfähigen Ortsumfahrung westlich von Pforzheim.

Von der A8-Anschlussstelle Pforzheim-West bis zur B294 im Brötzinger Tal führt der der 1. Bauabschnitt der Westtangente. Der 2. Bauabschnitt soll dann zumeist unterirdisch hinter Dillweißenstein ins Nagoldtal zur B463 führen. Mit der Fertigstellung der kompletten Westtangente müsste der gesamte Autobahnverkehr in den Schwarzwald, insbesondere der Schwerlastverkehr, nicht mehr durch Pforzheim fahren.

Planungsstand: Im Bau

Vorhabenträger: Bund, Stadt Pforzheim

Kosten: rund 122,5 Mio. €

Baulänge: rund 2,75 km

Baubeginn: 2009

Bauende: voraussichtlich Ende 2023

Teilabschnitt 1.01

Der Bauabschnitt 1.01, welcher die Anbindung der A8-Anschlussstelle Pforzheim West an die B10 umfasst, konnte bereits im Jahr 2012 baulich fertiggestellt werden.

Bauzeit: 2009 - 2012

Baukosten: rund 10,0 Mio. €

Teilabschnitt 1.02

Der im April 2019 fertiggestellte Bauabschnitt 1.02 beginnt im Norden im direkten Anschluss an die A8-Anschlussstelle Pforzheim-West und führt anschlussfrei in Richtung Süden, während die Heilbronner Straße und der Römerwestweg gekreuzt werden, bevor der Anschluss an die Dietlinger Straße (L562) das Ende des Bauabschnittes markiert.

Bauzeit: November 2015 - April 2019

Baukosten: rund 20,0 Mio. €

Teilabschnitt 1.03

Der Bauabschnitt 1.03 umfasst den Streckenabschnitt des Arlinger Tunnels einschließlich der Anbindung an die B294 beziehungsweise den Anschluss an das Gewerbegebiet Oberes Enztal. Das künftige Nordportal und somit der Beginn des neuen Streckenabschnitts liegt circa 100 m südlich der L562 (Dietlinger Straße), nordwestlich des Ortsteils Pforzheim-Arlinger. Von Nord nach Süd unterquert der Tunnel den Höhenrücken des Arlingers. Das Bauvorhaben besteht aus dem eigentlichen Verkehrstunnel, der Hauptröhre, und einem im Osten angelegten Rettungsstollen sowie weiteren Teilbauwerken (vier Querschläge, drei Betriebszentralen, zwei Pannenbuchten, ein Löschwasserbecken, ein Havariebecken).

Die Länge des Tunnels beläuft sich auf 1,3479 Kilometer. Der Rettungsstollen hat eine Länge von 1,0773 Kilometer. Im Bereich des Nord- sowie Südportals werden die ersten circa 50 Meter in offener Bauweise gebaut. Der größte Teil des Tunnels wird in bergmännischer Bauweise hergestellt. Als Bauverfahren hierfür wird die neue österreichische Tunnelbauweise verwendet. Diese findet Anwendung auf Grund des inhomogenen Gebirges um auf gebirgsschonende Weise das Material auszubrechen. Es werden temporäre Sicherungen aus Spritzbeton, Ausbaubögen, Gebirgsankern und Spießen eingesetzt. Insgesamt werden in diesem Bauabschnitt circa 330.000 Kubikmeter Aushub- und Ausbruchmassen anfallen.

Die Bauzeit für die Rohbauarbeiten einschließlich der notwendigen Betriebsausstattung ist mit rund viereinhalb Jahren veranschlagt.

Bauzeit: Mai 2019 - voraussichtliches Ende 2023

Baukosten: rund 92,5 Mio. €

Weitere Informationen zur Westtangente und zum Tunnelbau sind auf der Projektseite des RP zu finden.

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