Nur Training, aber kein Spiel steht beim Karlsruher SC an. Im Hintergrund geht es um die Frage, ob es für den Zweitligisten eine Alternative zu einer Planinsolvenz gibt. Foto: dpa
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Wettlauf mit der Zeit: KSC will eine Planinsolvenz noch abwenden
  • Christoph Ruf

Karlsruhe. KSC-Geschäftsführer Michael Becker ist dieser Tage schon früh im Büro zu erreichen. Aufgrund der prekären Finanzlage beim Zweitliga-Vorletzten wartet jede Menge Arbeit auf ihn. „Um eine Insolvenz abzuwenden, ist unser Ziel, neue Investoren zu gewinnen und mit unseren Gläubigern einen Vergleich zu schließen“, sagt Becker, „aber auch dafür bräuchten wir frisches Geld.“

Entscheidung bis Mitte Mai

Bis zum Freitag, 15. Mai will sich der Karlsruher Verein auf Betreiben von Präsident Ingo Wellenreuther noch Zeit lassen, um die fehlenden Millionen aufzutreiben. Gelingt das nicht, soll eine Mitgliederversammlung die Einleitung einer so genannten „Insolvenz in Eigenverwaltung“ (Planinsolvenz) beschließen. Dieses Szenario hätte den Vorteil, dass der KSC tabellarisch ungeschoren davonkäme. Der sonst übliche Abzug von neun Punkten ist wegen der Coronavirus-Pandemie für diese Spielzeit ausgesetzt.

Richtig schlüssig kann im Wildpark jedoch niemand erklären, woher in den kommenden Tagen Investitionen kommen soll, auf die der KSC seit Jahren hofft. Dass ausgerechnet in Corona-Zeiten Millionen in einen Verein gepumpt werden, der andernfalls Insolvenz anmeldet, ist schwer vorstellbar.

Wahrscheinlicher ist, dass die Mitglieder Mitte Mai das offenbar Unvermeidliche beschließen. Das Kalkül der Vereinsführung könnte darauf beruhen, dann gegenüber Stadt und Öffentlichkeit mit dem demokratischen Votum der Basis argumentieren zu können und nicht ganz so offensichtlich als Verantwortliche des ökonomischen Totalschadens dazustehen.

Fernsehgeld reicht nicht einmal

Zuletzt war Becker, der seit September 2018 amtiert, immer wieder als Gegenpart zu Wellenreuther dargestellt worden: Hier der Vereinspräsident, der alles tut, um eine Insolvenz doch noch abzuwenden, dort der Geschäftsführer, der die Planinsolvenz lieber heute als morgen einleiten würde. So sei es nicht, betont Becker: „Oberstes Ziel von uns allen ist es, die Insolvenz abzuwenden.“ Klar sei aber auch, „dass wir dazu das Fernsehgeld bräuchten – und einen beträchtlichen zusätzlichen Betrag, um die Zeit bis zum 30.6. 2021 durchzufinanzieren.“

Abstieg wäre weitere Bürde

4,6 Millionen Euro wären allein bis zum Ende des laufenden, allerdings über Darlehen abgesicherten Geschäftsjahres aufzutreiben. Im kommenden bräuchte man 3,5 Millionen Euro in der zweiten und gar 5,8 Millionen Euro in der dritten Liga. Umso dringender sind ist der badische Traditionsverein auf die letzte Tranche an Fernsehgeldern angewiesen.

Doch selbst wenn es diesen Monat tatsächlich zum Neustart des Profifußballs kommen sollte, wären die Erlöse ein Tropfen auf den heißen Stein. Zunächst erhielte der KSC nur etwa ein Drittel der 2,5 Millionen Euro, den Rest erst sukzessive mit jedem weiteren Spieltag.

Trübe Aussichten also für einen Verein, der zuletzt immer wieder die eigenen Budgets überschritten hat. Zudem müssen auch die Karlsruher davon ausgehen, dass es in diesem Kalenderjahr keine Einnahmen aus Eintrittsgeldern gibt.

Auch andere Clubs in Not

Überhaupt ist es nur ein schwacher Trost, dass die finanziellen Probleme des KSC in den vergangenen Wochen durch Corona Teil einer Branchen-Krise geworden sind. „Unsere Probleme sind bedauerlicherweise publik geworden“, sagt Becker. „Man kann aber davon ausgehen, dass es mehr als ein Dutzend andere Vereine gibt, die derzeit die gleichen Szenarien durchspielen wie wir.“

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