GES/ Fussball/ Ordentliche Mitgliederversammlung Karlsruher Sport-Club, 04.12.2023
Martin Müller (Mitte) pricht nach der ordentlichen Mitgliederversammlung des Karlsruher SC mit seinem Vizepräsidents-Kollegen Guenter Pilarsky und dem Kaufmännischen Geschäftsführer Michael Becker (links). In einer außerordentlichen Versammlung droht Müller jetzt das Aus.
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Außerordentlich dringend: Karlsruher SC entscheidet über Schicksal von Vizepräsident Müller
  • Christoph Ruf

Karlsruhe. Wenn die Mitglieder des Karlsruher SC am Donnerstag zu einer digitalen Versammlung zusammenkommen, gibt es nur einen Tagesordnungspunkt: die Abberufung des bis Ende 2025 gewählten Vizepräsidenten Martin Müller. Es habe „in den vergangenen Monaten vielfältige Schlichtungsversuche gegeben“, um die verhärteten Fronten aufzuweichen, alle seien „im Ergebnis gescheitert“, schreibt der Mitgliederrat, der die Versammlung initiiert hat.

Tatsächlich sind die Fronten klar: Hier Präsident Holger Siegmund-Schultze, Geschäftsführer Michael Becker, sowie die Bereichsleiter Sebastian Freis (Sport), Michael Bischof (Entwicklung, Analyse, Scouting) und Edmund Becker (Nachwuchs). Dort Müller, der auf die Unterstützung von Vizepräsident Günter Pilarsky zählen kann.

Streit wegen einer Personalie

Bei allen persönlichen Animositäten machte sich der Streit dabei zuletzt meist an einer Personalie fest: Der des im April freigestellten langjährigen Sport-Geschäftsführers Oliver Kreuzer. Das war allerdings erst möglich, nachdem im Beirat die Mehrheit gekippt war und aus einem 3:2 ein 2:3 gegen Kreuzer wurde. Die alte hatte kurz zuvor allerdings noch den Vertrag mit ihm über weitere zwei Jahre verlängert.

Es ist nun eine Frage der Betrachtung, welche Seite Schuld daran ist, dass Kreuzer, der derzeit vor dem Karlsruher Landgericht klagt, nun womöglich eine hohe sechsstellige Abfindung erhält: Das Müller-Lager, das mit ihm verlängerte. Oder das andere, das sich dennoch von ihm trennte.

Eskaliert ist der Konflikt auf der Versammlung im Dezember, als die Mehrheit der Mitglieder Müller die Entlastung als Vizepräsident verweigerte, weil sie ihn als Urheber zahlreicher Indiskretionen ausgemacht hatte. Tagsdrauf versagte Müller daraufhin bei der Aktionärsversammlung dem Aufsichtsrat die Entlastung. Dass er dabei seine beiden Söhne vorschickte, kostete ihn zusätzliche Sympathien – auch in der Fankurve, die jüngst per Transparent seine Abwahl forderte.

Dabei liegen die Dissonanzen zwischen beiden Lagern tiefer als der Streit um Kreuzer. Becker und Siegmund-Schultze sind nüchterne Verstandesmenschen. Den Rückstand auf Vereine, die jahrzehntelang besser geführt wurden, wollen sie durch eine nachhaltige Nachwuchs- und Transferpolitik verkürzen. Dabei sehen sie sich zuweilen dem Vorwurf ausgesetzt, den Umbruch bei einem brodelnden Traditionsverein zu radikal anzugehen.

Porsche-Fahrer Müller tickt völlig anders. Seine Nähe zum Ex-Bayern-Spieler Kreuzer rührt auch daher, dass er zusammen mit ihm öfter zu Spielen des Rekordmeisters fahren durfte und dort manche Hand schüttelte, in deren Nähe er ohne Kreuzer nicht gekommen wäre. Einen sportspezifischen Grund, mit Kreuzer in die Zukunft zu gehen, blieb Müller jedenfalls schuldig.

Tatsächlich ist in dessen Amtszeit vieles versäumt worden. Aus der Arbeitsebene im Verein, die unverdächtig ist, Spaß am Ränkespiel in der Führungsetage zu haben, hört man, wie viel zuvor brachlag. Datenbanken über potenziell interessante Spieler? Fehlanzeige. Die nötigen Strukturen im Nachwuchs und beim Scouting werden erst jetzt aufgebaut.

Müller trug indes 2020 dazu bei, die Solvenz des Clubs zu sichern. Er und Pilarsky bürgen mit je 1,5 Millionen Euro für den Verein und haben dem KSC insgesamt fünf Millionen Euro an verzinsten Darlehen gewährt. Zudem ist er Vorstand des KSC-Trikotsponsors. Nun deutet es allerdings darauf hin, dass es eng werden dürfte für den 59-Jährigen. Zu dem würde es allerdings nicht passen, kampflos das Feld zu räumen.

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