Ein Kommentar von PZ-Chefredakteur Christian Klose.
Hennrich/Röhr
Politik
Es geht um wirklich viel: Demokratie zu sichern, ist ein gesellschaftlicher Marathonlauf
  • Christian Klose

In Deutschland tut sich was. Nicht unbedingt in der Politik, aber auf der Straße, in Unternehmen, im persönlichen Umfeld. Aus dem Schock über die menschenfeindlichen Gedankenspiele Rechtsextremer bei einem Geheimtreffen in Potsdam ist menschenfreundliche Energie entstanden. Viele Menschen sind in den vergangenen Tagen in nahezu allen größeren Städten in die Öffentlichkeit gegangen, auch in Pforzheim, um gegen die AfD und Rassismus zu demonstrieren.

Ein Kommentar von PZ-Chefredakteur Christian Klose

Und doch bleibt nach diesem wirklich starken Signal aus der Mitte der Gesellschaft die große Sorge, dass dieses Engagement für die Demokratie und für Vielfalt bis zu den nächsten Wahlen wieder abebben könnte.

Aus Bequemlichkeit, oder weil man meint: Das war ja jetzt deutlich genug und reicht. Tut es aber nicht.

Auch die Spitzenkandidatin der FDP zur Europawahl, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, machte dies beim PZ-Besuch deutlich: Für die Demokratie müsse man permanent streiten, weil sie auch in Europa nicht selbstverständlich sei. Weil es in mehreren EU-Ländern Bewegungen gebe, die unser freies und kulturelles Miteinander und den gemeinsamen Wirtschaftsraum abschaffen möchten. In Deutschland versucht dies die AfD, die über demokratische Wahlen an die Macht kommen will, um dann das System auszuhöhlen. Die AfD möchte aus der Bundesrepublik eine völlig andere Gesellschaft machen. Die berechtigte Sorge vor dieser radikalen Partei bleibt also.

Die Ampel mit Kanzler Scholz muss sich deshalb endlich bewusst werden, dass die Wahrnehmung ihres Regierens in der Bevölkerung Unzufriedenheit schürt. Warum erklärt die Regierung ihre Politik nicht besser? Sie muss die Leute mitnehmen, ehrlich sein. Und: Die christdemokratische Opposition im Bund trägt in der AfD-Frage eine große Mitverantwortung. Das Ziel aller muss sein: Die Rechtsextremen zu entlarven und diejenigen AfD-Sympathisanten, die aus Protest gegenüber den Regierenden falsch abgebogen sind, zurückzugewinnen. Das könnten vor allem Wähler sein, die wie die zu Hunderttausenden auf die Straße gegangenen Menschen von der Causa Potsdam schockiert sind. Hoffentlich.

Der öffentliche Startschuss für den gesellschaftlichen Marathon, um Demokratiefeinde auszubremsen, ist erfolgt. Jetzt dürfen wir alle nicht nachlassen. Ein Faktor dabei ist die Wirtschaft. Eine klare Ansage hat dazu diese Woche der angesehene Wirtschaftsexperte Marcel Fratzscher in Richtung Unternehmensvorstände gemacht: Sie müssten Farbe bekennen und ihren Beschäftigten klarmachen: „Eure Jobs sind in Gefahr, wenn die AfD sich durchsetzt.“ Es geht um wirklich viel.

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