Pforzheim
Trauriges Leben gipfelt in Brand in Pforzheimer Oststadt: Deshalb muss sich eine 31-Jährige nun vor dem Gericht verantworten
  • Stefan Meister

Karlsruhe/Pforzheim. „Es war eine Mischung aus Ohnmacht und Verzweiflung“, sagt die Angeklagte. Seit Mittwoch muss sich eine 31-jährige Deutsche mit schweren Alkoholproblemen vor dem Schwurgericht am Landgericht Karlsruhe wegen schwerer Brandstiftung und 16-fachen versuchten Mordes in der Pforzheimer Oststadt verantworten.

Staatsanwalt Henrik Blaßies warf der Angeklagten vor, am 1. September 2019 in einem Mehrfamilienhaus in der Östlichen Karl-Friedrich-Straße gegen 21.45 Uhr vorsätzlich die Gardine ihrer Wohnung im fünften Obergeschoss in Brand gesetzt zu haben. Dabei soll ein Sachschaden von mindestens 150 000 Euro entstanden sein. Zum Tatzeitpunkt soll die Angeklagte unter erheblichen Alkoholeinfluss gestanden haben.

Eine 70-jährige Bewohnerin musste von der Feuerwehr aus ihrer Wohnung befreit werden und erlitt eine leichte Rauchgasvergiftung. Die restlichen Bewohner konnten ihre Wohnungen ohne Hilfe rechtzeitig verlassen.

"Mir ging es an diesem Tag sehr schlecht"

Über ihren Anwalt Christoph Schneble räumte die Angeklagte die Tat ein und bedauerte ihr Vergehen. „Mir ging es an diesem Tag sehr schlecht, und ich sah keine Perspektive mehr“, erklärte sie. Vor dem Schwurgericht nannte sie als Auslöser mehrfach die Problematik, dass ihre Kinder ihr vom Jugendamt entzogen worden seien und sie dagegen seit zehn Jahren ankämpfe.

Geboren ist die 31-jährige in Rostock und bei ihrer Mutter aufgewachsen. Von dieser sei sie körperlich und sexuell misshandelt worden. Mit neun Jahren kam sie mehrfach ins Heim im In- und Ausland. Erstmals mit 14 Jahren fühlte sie sich bei einer Pflegefamilie in Portugal heimisch, kehrte mit 17 Jahren aber zurück nach Deutschland und suchte ihren Vater auf. Sie lernte einen Syrer kennen, mit dem sie zusammenlebte und drei Kinder bekam. Diese wurden vom Jugendamt an Pflegefamilien gegeben, da ein Gutachten ihr attestierte, dass sie nicht erziehungsfähig sei. Über das Internet lernte sie einen Mann aus Pforzheim kennen, zog zu ihm und wurde erneut schwanger. Doch aufgrund ihres Alkoholkonsums musste sie bei ihm ausziehen und war ein halbes Jahr obdachlos. Im Dezember 2018 bezog sie die Wohnung in der Östlichen Karl-Friedrich-Straße. „Ich trinke, um zu überleben“, erklärte sie vor Gericht. Dabei seien zwei Flaschen Whiskey und eine halbe Flasche Tequila an der Tagesordnung gewesen.

Fortgesetzt wird die Verhandlung am 4. Mai.

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