Nach dem Ende einer etwa halbstündigen Demonstration von Gegnern der Corona-Schutzmaßnahmen auf dem Pforzheimer Marktplatz lieferte sich ein Radfahrer offenbar ein handgreiflich ausgeartetes Wortgefecht mit Polizisten. Am Ende wurde er in Gewahrsam genommen. Foto: Meyer
Pforzheim
Gewahrsamnahme am Rande einer Demo: Renitenter Radler droht Polizisten mit Corona-Infektion
  • Thomas Kurtz

Pforzheim. Unmittelbar nach der bereits beendeten, aber noch nicht gänzlich aufgelösten Demonstration der Gegner der Corona-Schutzmaßnahmen auf dem Pforzheimer Rathausplatz wurde am Samstag ein 68-jähriger Radfahrer vorläufig festgenommen. Er hatte zunächst die bei der Demo eingesetzten und offenbar aus nächster Nähe fotografierten Polizeibeamten verbal und dann auch handgreiflich attackiert. Der an sich normale Einsatz wuchs sich dann für die Polizisten auf dem Revier zu einer Bedrohung aus, wie sie nur in Zeiten der Corona-Krise möglich geworden ist und wie sie auch Familien und Angehörige der Beamten in Angst versetzt haben dürfte.

Radfahrer schlägt nach einem Polizisten

Mehrere Polizeibeamte wurden am Rande der Demonstration um 16.30 Uhr von einem Radfahrer angesprochen, der mit dem Vorwurf, dass sie den Mindestabstand nicht einhalten würden, sein Smartphone aus kurzer Distanz auf die Beamten richtete. Da jedoch Polizisten wie jeder andere Bürger auch ein Recht aufs eigene Bild haben und diese im Zuge der Ausübung ihres Dienstes mit Schutzmasken rechtmäßig etwas näher zueinander standen, wurde der 68-jährige Deutsche angemahnt, das Fotografieren sofort zu unterlassen.

Nachdem ihm durch die Beamten eine Personenkontrolle angekündigt und nach seinem Personalausweis gefragt wurde, so beschreibt es die Polizei in einer Presseerklärung, soll der Mann wieder auf sein Rad gestiegen sein, um davonzufahren. Um dies zu unterbinden, hielt einer der Polizisten das Fahrrad am Gepäckträger fest. Auf nochmalige Aufforderung, sich auszuweisen, drehte sich der Mann um und versuchte, zweimal mit der Faust nach einem Polizisten zu schlagen.

Renitenter Radler will sich nicht beruhigen

Der renitente Radler wurde daraufhin durch die Beamten zu Boden gebracht und mit Handschellen ruhig gestellt. Wie Augenzeugen gegenüber der PZ bestätigten, sollen Demonstrationsteilnehmer sich um die Gewahrsamnahme gesammelt und das Vorgehen der Polizei kritisiert haben. Doch der 68-Jährige war nicht so leicht zu beruhigen, denn auch auf dem Weg ins Dienstfahrzeug wehrte sich der Mann nach Kräften. 

Bis dahin wäre die Polizeiaktion kaum der Rede wert gewesen. Solche Gewahrsamnahmen sind Tagesgeschäft, wenn etwa Betrunkene, verwirrte oder psychisch kranke Menschen sich auffällig bei Personenkontrollen gebärden oder von Straftaten und Selbstverletzungen zum Schutz anderer oder der eigenen Person abgehalten werden müssen. Doch in Corona-Zeiten keimt da bei Polizisten auch immer die Angst auf, sich eventuell beim engen Kontakt angesteckt haben zu können.

Hohe Ansteckungsgefahr bei Einsätzen, wenn das Coronavirus im Spiel ist

Erinnert sei da nur an den Polizeieinsatz in Remchingen-Wilferdingen, als am Samstag, 11. April, ein Ehestreit eskalierte und  die zu Hilfe gerufenen Polizisten von der Ehefrau informiert wurden, dass die sich auch auf der Straße streitende Familie unter Quarantäne gestellt sei. Schließlich sei ein Familienmitglied positiv auf COVID-19 getestet worden. Nachdem der alkoholisierte 52-jährige Ehemann die Örtlichkeit wieder verlassen wollte, mussten die Beamten ihn daran hindern. Der hatte sich seinen Mundschutz abgerissen und versucht, die Beamten zu bespucken.

Die acht im Einsatz befindlichen Beamten wurden vorsorglich vom Dienst freigestellt - und damit begannen dann auch für deren Familien unruhige, belastende Tage voller Sorgen, ob denn das Coronavirus bei diesem Einsatz weitergegeben wurde.

68-Jähriger droht mit Corona-Infektion

Auf Anfrage von PZ-news, ob es denn bei der Gewahrsamnahme am Rande der Demo der Schutzmaßnahmen-Gegner einen ähnlichen Vorfall gab, erklärte Polizeisprecher Frank Otruba, dass gewisse Parallelen zu dem Fall in Remchingen erkennbar seien. Der Radfahrer sei auch auf dem Revier weiter aggressiv geblieben und habe damit gedroht, mit dem Coronavirus infiziert zu sein. Speziell einem Polizeibeamten habe er erklärt, ihn bei einem nächsten, zufälligen Treffen anzuspucken, um ihn der Gefahr einer Ansteckung auszusetzen.

Auch wenn die mit dem 68-Jährigen in Berührung gekommenen Beamten Schutzmasken und Handschuhe getragen haben und es keine tatsächlichen Spuckattacken im Polizeirevier gab, kann letztlich eine Infektion allein über die Virenverteilung durch ein ganz normales Ausatmen des Corona-Infizierten stattfinden. Und damit sind dann auch unmittelbar die Angehörigen der Polizisten einer Gesundheitsgefahr ausgesetzt, selbst wenn die Beamten in diesem Fall eher vorsichtig vorgegangen sein sollen, wie Polizeisprecher Otruba gegenüber PZ-news sagte.

Polizei hält engen Kontakt zu Gesundheitsamt

Ob der renitente Radler tatsächlich ein Corona-Fall ist, muss erst noch geprüft werden. Die Polizei steht in engen Kontakt mit dem Gesundheitsamt. Im Notfall könnten die Beamten zeitnah bei der Polizei getestet und nach einem Tag schon über das Ergebnis informiert werden, so Otruba. Die Zeit des Wartens sei für die Beamten und deren Familien sicherlich belastend, auch wenn sich am Ende herausstellen sollte, dass der 68-Jährige nicht infiziert sein sollte.

Das Fotografieren und Filmen von Polizeibeamten aus nächster Nähe wird wohl kaum ein Nachspiel haben, denn auf dem Handy waren keine Nahaufnahmen zu finden. Offenbar hatte der 68-Jährige nur so getan, als würde er das tun. 

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