Raphael Mürle mit seinem Denker aus dem Stück „Nix perfekt“. Foto: Privat
Kultur
"Kultur fürs Wohnzimmer": Raphael Mürle erweckt Figuren zum Leben
  • Michael Müller

Pforzheim. Figuren an Fäden haben auch in unserer hochtechnisierten Welt nichts von ihrer Faszination verloren. Kinder und Erwachsene sind gleichermaßen verblüfft, wenn eine Marionette zum Leben erweckt wird. Raphael Mürle besitzt ein außergewöhnliches Gespür für seine Figuren, sodass Spieler und Figur zu verschmelzen scheinen. Diese Kunst lässt sich in seinem Video für die PZ-Aktion „Kultur fürs Wohnzimmer“ bewundern. Mürle spielt eine ältere Nummer aus seinem Szenenprogramm, den schüchternen Saxofonisten zur berühmten „Pink Panther Theme“ von Henry Mancini, sowie den Denker aus seinem recht neuen, verblüffenden Stück „Nix perfekt“. Das PZ-Medienhaus setzt gemeinsam mit den Kulturschaffenden, die allesamt auf ihre Gagen verzichten, mit „Kultur fürs Wohnzimmer“ ein Zeichen und unterstützt die lebendige Szene. Denn die Lage ist verheerend: Alle Künstler haben keine Auftritte mehr. Einnahmen brechen über mehrere Monate weg. Für die an der Aktion beteiligten Protagonisten ist es Ehrensache, dass sie die Erlöse spenden, die ihre Videos einbringen.Sie sollen an Künstler aus der Region gehen, die unter der Krise zu leiden haben.

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Mürle zählte 1987 zu den ersten Abgängern des Studiengangs Figurentheater in Stuttgart. Die Mischung aus bildender (Figurenbau) und darstellender Kunst (Figurenspiel) macht diese Theaterform zu einer der spannendsten Sparten innerhalb der Szene. Der Pforzheimer Diplom-Figurenspieler hat im Lauf seiner Karriere eine ganz eigene Formensprache gefunden und ein beeindruckendes Repertoire geschaffen, mit dem er in der Bundesrepublik und im Ausland unterwegs ist. Seit 1987 betreibt er eine Spielstätte in Brötzingen.

Merkwürdiges Gefühl noch nach Wochen

Die Schließung wegen der Pandemie war für Mürle ein Schock und hinterlässt auch nach Wochen immer noch ein merkwürdiges Gefühl: Wenn er den Theaterraum betritt und weiß, dass er für Monate nicht zur gewohnten Aufführung zurückfinden wird. Er ist sich nicht sicher, ob es auf lange Sicht überhaupt ein „normales“ Zuschauerverhalten gibt. „Das Virus wird nicht verschwinden, die Gefahr wird allenfalls gemindert sein. Wie gehen wir Theater damit um? Aufführungsformate für Kleingruppen kreieren? Open-Air-Veranstaltungen forcieren?“ Solche Gedanken kommen auf, wenn Mürle an die Zukunft denkt. „Ich hoffe und wünsche mir, dass die Politik Rahmenbedingungen schafft, in denen Kleintheater, Kulturzentren und freischaffende Künstler wieder einen geregelten Betrieb aufnehmen können und von ihrer Arbeit ein Auskommen erwirtschaften.“

Mürle selbst hat derzeit den Vorteil, dass er in seiner langfristigen Planung für dieses Jahr ein neues Abendstück vorgesehen hat und nun richtig schön Zeit hat, daran zu arbeiten. Ob jedoch der Premierentermin im Oktober zu halten ist, wird sich zeigen. Derzeit könne er die Regisseurin Jutta Schubert in Wiesbaden nicht treffen. Wann die erste reale Probe stattfinden kann, ist ungewiss.

Das ist der Trailer zur Aktion "Kultur fürs Wohnimmer"

Mehr Infos gibt es hier: Kultur fürs Wohnzimmer: PZ bringt Auftritte von Künstlern aus der Region virtuell nach Hause

Faszinierende Figuren an Fäden

Figuren an Fäden haben auch heute in unserer hochtechnisierten Welt nichts von ihrer Faszination verloren. Kinder und Erwachsene sind gleichermaßen verblüfft, wenn eine Marionette zum Leben erweckt wird. Raphael Mürle besitzt ein außergewöhnliches Gespür für seine Figuren, so dass Spieler und Figur zu verschmelzen scheinen. „Offensichtlich ist ihm das Führungskreuz wie an die Hand gewachsen“, schrieb einmal ein begeisterter Zeitungsjournalist darüber. Ein Figurentheaterstück über das Geheimnis des genialen Malers Caravaggio, eine Hommage an die Gesänge der Buckelwale oder eine Spurensuche über die magischen Töne von Paganinis Geigenspiel? Unvorstellbar? Nicht für Raphael Mürle! Mit großer Leidenschaft, hoher Sensibilität und kreativem Gespür gelingt es ihm immer wieder, seinen Visionen Gestalt zu geben.

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