Vorbereitung für die Weihnachtszeit: Marina Müller (links) backt mit Viola Mürle Weihnachtsgebäck für die Festtage.
Fux
Pforzheim
Weihnachtszauber im Kappelhof – im Wohnheim für Menschen mit schweren Behinderungen geht es in der Weihnachtszeit besinnlich zu
  • Silke Fux

Pforzheim. Wer das Zimmer von Mäx, wie Marcus Rädler liebevoll von Mitarbeitern und Bewohnern des Hauses am Kappelhof genannt wird, betritt, der fühlt sich Weihnachten ganz nah. Denn herzige Wichtel mit weißen flauschigen Rauschebärten und roten Zipfelmützen, grüne Tannenbäumchen, winzige Elche und ein kleiner weißer Schlitten – bestückt mit niedlich verpackten Geschenken – schmücken dekorativ die Fensterbank und schaffen eine heimelige und moderne Weihnachtskulisse.

Immer wieder dekoriert seine Mutter mit Liebe zum Detail und viel Geschmack die Fensterbank im Zimmer ihres Sohnes entsprechend um, passend zu den Jahreszeiten.

Mäx fühlt sich in seinem weihnachtlich dekorierten Zimmer im Haus am Kappelhof sehr wohl.

Man spürt sofort, der 41-Jährige, der im Rollstuhl sitzt, fühlt sich dort sehr wohl und zuhause. Mäx lebt im Haus am Kappelhof, einem Wohn- und Förderzentrum für Menschen mit Schwerstbehinderungen der Caritas Pforzheim. Wer hier durch die Wohnbereiche geht, der nimmt sofort eine warme Atmosphäre wahr, spürt das Herzblut der Mitarbeiter, aber auch den festlichen Glanz der Weihnachtszeit. Bereits während der Adventszeit wurden in der Tagesförderstätte, die ebenfalls im Kappelhof beheimatet ist, mit den Bewohnern voller Enthusiasmus Weihnachtsplätzchen gebacken, Punsch vorbereitet oder Geschenke gebastelt – denn all dies gehört zur Weihnachtszeit dazu.

Für Weihnachtsstimmung sorgt im Wohnbereich II vor allem Heike Wenz. Denn dort hat eine ganz besondere und stilvolle Weihnachtsfeier – Bewohner und Mitarbeiter feiern zusammen – seit Jahren Tradition.

Mit viel Herz dabei: Heike Wenz kümmert sich um die stilvolle Weihnachtsfeier.

Dazu gehört auch eine Weihnachtsaufführung, für die die Auszubildenden zuständig sind. Dabei beziehen sie die Menschen mit Behinderungen in das weihnachtliche Spiel oder in die Pantomime mit ein. Denn auch die Bewohner mit schweren körperlichen oder geistigen Behinderungen spüren den Weihnachtszauber, den die stimmungsvolle Atmosphäre, der Glanz der Lichter, die Beleuchtung oder auch der herrliche Duft des Weihnachtsessens verbreitet. All diese Besonderheiten, ausgelöst durch die feierliche Stimmung und die Gemütlichkeit, übertragen sich auch auf die Bewohner des Kappelhofs.

Weihnachten, das Fest der Liebe, zieht eben jeden in seinen Bann – mit und ohne Handicap. Auch wenn nicht alle sprechen können, am Strahlen der Augen, an der Gestik, wird die Freude sichtbar.

Auch ein Sektempfang ist Teil der Feier. Das alkoholfreie Begrüßungsgetränk wird im Foyer gereicht. Danach geht es in den Wohnbereich II, direkt in die Wohnküche, wo die Tische für die rund 30 Personen schon festlich gedeckt sind. Gefeiert wird mit zehn Bewohnern im Alter von 39 bis 75 Jahren, Mitarbeitern und früheren Kollegen. „Die Bewohner merken schnell, dass heute ein besonderer Tag ist, zu dem sie auch feierliche Kleidung tragen und somit besonders angezogen werden“, sagt Helke Wenz, die den Wohnbereich leitet.

Als Weihnachtsessen gibt es in der Regel leckeren Gänsebraten mit Rotkraut und selbstgemachten Knödeln. Und natürlich auch einen genussvollen Gaumenschmaus zum Nachtisch – beispielsweise Brownies mit Mascarpone- und Himbeercreme.

Auch das gemeinsame Singen von Weihnachtsliedern ist im Wohnheim für Schwerbehinderte fester Bestandteil der Feier. Dazu setzt sich der Gesamtleiter des Hauses, Joachim Becht, ans Klavier, Mitarbeiter greifen zur Gitarre und schon erklingen Weihnachtslieder wie „O du Fröhliche“ und jeder singt oder summt begeistert mit, so gut er kann.

Stilvoll und modern erstrahlt derweil der Christbaum, bestückt mit weißen glänzenden und matten Weihnachtskugeln und kleinen Holzelementen. In Weiß ist auch die Weihnachtsdeko gehalten, Kerzen sorgen für Glanz und Wärme.

Klar, dass die individuelle Bescherung hier nicht fehlen darf. Denn jeder der Bewohner hat einen Bezugsbetreuer, der die persönlichen Wünsche des Einzelnen kennt und jeweils ein ganz besonderes, bewohnerspezifisches Geschenk besorgt. Dies kann etwa eine Konzertkarte sein, FC Bayern München-Bettwäsche, ein Pflegestift oder auch schon mal ein Erotik-Fotokalender.

Und jedes Jahr wird – wie auch in der Familie üblich – spontan entschieden, ob es die Geschenke vor oder nach dem Nachtisch gibt. Der ganze Weihnachtszauber eben als Normalität.

Mit einem Unterschied: Weihnachten wurde im Kappelhof mit den Menschen mit körperlichen und geistigen Behinderungen bereits vor Heiligabend gefeiert. Hintergrund ist, dass die meisten Bewohner über die Festtage von ihren Angehörigen nach Hause geholt werden. Ausnahmen bestätigen die Regel: Wer dagegen Heilig Abend und die Weihnachtsfeiertage vollständig im Kappelhof verbringt, feiert das Fest der Liebe in der Gemeinschaft mit Kirchenbesuch und Geschenken. Inklusive Rauschebärten, Zipfelmützen und Tannenbäumchen – Normalität eben.

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