Maria Ochs - hier mit Hundedame Frieda - hat drei Jahre lang das Kulturhaus Osterfeld geprägt und höchst erfolgreich geleitet. Foto: Ketterl
Kultur
Was war positiv, was negativ? Das Fazit der scheidenden Kulturhaus-Chefin Maria Ochs im PZ-Interview
  • Das Gespräch führte Sandra Pfäfflin

Pforzheim. Das Bedauern ist groß, dass Geschäftsführerin Maria Ochs zum Monatsende das Kulturhaus verlässt, hat sie doch mit großer Herzlichkeit, Empathie und fundiertem Wissen das Kulturzentrum geleitet. Im Gespräch blickt sie zurück auf gute Zeiten und manchmal schwierige Bedingungen.

PZ: Welches waren die schönen Seiten Ihrer Arbeit im Osterfeld?

Maria Ochs: Es gab ganz viele schöne Seiten. Vor allem all das, was mit den Menschen zu tun hat, die hier arbeiten und hier ein- und ausgehen. Schön war die unglaubliche Vielfalt, die das Haus bietet. Fast alle Menschen in Pforzheim kommen hier einmal vorbei: Weil sie einen Raum mieten, Kabarett schauen, weil sie selber hier spielen, oder weil sie sich im Förderverein engagieren, weil sie eine politische Sitzung haben oder weil sie im Restaurant essen. Die Begegnungen sind so breitgefächert. Das begleiten zu dürfen, war eine große Freude. 

Wie stark war Ihr Einfluss auf die Programmgestaltung?

Da war ich die ganze Zeit komplett frei. Zweieinhalb Jahre hatte ich Unterstützung beim Musik-Booking. Neu und unerwartet war für mich das Booking für zwei Winterträume-Varietés. Durch die Vertretung einer Kollegin in Mutterzeit bin ich in den Genuss gekommen, das zu planen. Das hat viel Spaß gemacht.

Wo konnten Sie Schwerpunkte setzen?

Natürlich erfindet sich die Veranstaltungsszene nicht jedes Jahr neu, aber es gibt neue Strömungen und Richtungen, gerade wenn man ein jüngeres Publikum ansprechen will. Es ist uns gelungen, eine Reihe von jungen Comedians hier zu etablieren. Ich glaube, dass wir uns auch im Musikbereich erweitert haben.

In den vergangenen zwei Jahren hat das Osterfeld Publikumsrekorde verzeichnet. Wie kam das zustande?

Na ja, man plant Veranstaltungen mit Blick aufs Publikum. Aber eine Garantie, dass es funktioniert, gibt es nicht. Ein erfolgreiches Jahr heißt nicht, das das nächste wieder genauso wird. Da ist schon ein bisschen Glück dabei. Man plant die Veranstaltungen meistens über ein Jahr vorher, und weiß natürlich nicht, wie dann der aktuelle Zeitgeist ist. Nach 24 Jahren bekommt man ein Gefühl dafür, was ankommen könnte. Ich freue mich wirklich, dass es hier so gut funktioniert hat.

Sie haben die lokale Musikszene gefördert. Was war der Grund?

Für mich war es total interessant zu erleben, wie viele tolle Musiker es in Pforzheim und der Region gibt. Es war schön, viele von ihnen kennenzulernen. Außerdem ist es prima, kurze Wege zu haben und Bands, die ihr Umfeld und ihr Publikum hier haben. Die örtliche Kultur-, Kunst- und Musikszene muss in diesem Haus einen Platz haben. Es gehört zu einem soziokulturellen Zentrum dazu, dass man nicht nur konsumiert, sondern sich auch ausprobiert, und beteiligt ist an dem, was in der Stadt passiert.

Wie wichtig war Ihnen das Engagement mit dem Konzert „Let’s get loud“ gegen Rechts?

Diese Idee ist auf sehr fruchtbaren Boden gefallen. Es haben sich viele gemeldet, die mitmachen wollten. Nicht nur auf der Bühne. Das Plakat wurde entworfen, viele haben Werbung für das Konzert gemacht, die Security wurde übernommen, es gab mehrere Fotografen, die den Abend dokumentierten. Das war ein tolles Gemeinschaftsprojekt und hat einen Nerv getroffen. Die Beratungsstelle „Leuchtlinie“ für Betroffene von rechter Gewalt, die die freiwilligen Eintrittsgelder des Abends bekommen hat – über 3000 Euro – war ganz glücklich, weil sie noch nie eine so hohe Spende erhalten hat. Und weil ihre Arbeit einfach wahrgenommen wurde.

Gab es auch weniger positive Seiten der Arbeit im Osterfeld?

Das Kulturhaus arbeitet finanziell am Limit, was sich vor allem in den Personalstellen auswirkt. Wir betreiben ein großes Haus mit einer unglaublichen Veranstaltungsdichte mit einer relativ kleinen Mannschaft. Da darf niemand ausfallen. Alle geben das Maximum, und das ist wunderbar an diesem Team. Schade ist, dass wir ganz viele Ideen haben, die wir aus Zeit- und Personalmangel nicht realisieren können. Man könnte viele Anträge auf Fördergelder für Sonderprojekte stellen, von denen wir dann aber nicht wissen: Wer soll sie eigentlich durchführen? Da wäre es schön, mehr Luft zu haben, um sich auch neuen Projekten zuwenden und das Angebot ausweiten zu können. Das wird in den nächsten zwei Jahren nicht leichter durch die Kürzungen des städtischen Barzuschusses um rund ein Drittel. Ich habe keine Bedenken, dass es das Haus nicht schafft. Aber es braucht die Hilfe vom Förderverein und den Bürgern der Stadt, die das Osterfeld über die kommenden Monate verstärkt mittragen – noch ein bisschen mehr als schon bisher.

Viele Menschen machen sich aufgrund des noch nicht gefundenen Nachfolgers Sorgen um die Zukunft des Hauses. Sehen Sie das auch so?

Andreas Mürle, der die Geschäftsführung kurzfristig übernimmt, kennt die ganzen Prozesse im Haus in- und auswendig, weil er seit 20 Jahren hier ehrenamtlich arbeitet und schon lange im Vorstand tätig ist. Es ist eine tragfähige Interimslösung, damit der Vorstand des Trägervereins in Ruhe eine Nachfolge suchen kann. Das sollte nicht mehr zu lang dauern, weil Andreas Mürle wieder in seinen Beruf zurück möchte. Ich habe das Programm ziemlich weit vorausgeplant. Großteils steht das Jahr 2020 schon. Als ich gemerkt habe, dass kein neuer Geschäftsführer kommt, der eigene Akzente setzen will, habe ich beim Buchen der Künstler noch mal Gas gegeben.

Wie sieht Ihre Zukunftsplanung aus?

Mein letzter Arbeitstag ist am Sonntag. Dann werde ich ein paar Monate frei haben, um ein wenig zu reisen und ein kleines Familienprojekt umzusetzen. Natürlich muss ich umziehen – und zuerst noch eine Wohnung in Frankfurt finden. Ab 1. Oktober werde ich die Programmplanung und die Kulturarbeit in Dreieich übernehmen.

Sie haben starke Wurzeln in Pforzheim. Werden Sie ab und an zurückkommen?

Ich werde auf jeden Fall öfter in Pforzheim sein, weil ich Familie hier habe. Meine Mutter wird im Juni 98. Und ich werde bestimmt auch im Kulturhaus häufiger vorbeischauen. Im September steht ja das 25. Jubiläum an, das lasse ich mir nicht entgehen. 

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