Junge Menschen ohne Smartphone? Das geht fast nicht, wenn jeder 16- bis 18-Jährige im Schnitt jeden Tag über acht Stunden im Internet unterwegs ist.
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Über acht Stunden am Tag surfen Jugendliche durchs Internet, über fünf Stunden davon am Handy
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Nein, das ist kein Zahlendreher und auch kein Druckfehler. An einem typischen Tag sind deutsche Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren ganze 9 Stunden und 42 Minuten online. Auf alle Wochentage verteilt sind es rein rechnerisch 8 Stunden und 17 Minuten. Da auch in der digitalisierten Lifestylewelt der Tag nur 24 Stunden hat, bleiben für Arbeiten/Lernen und Schlafen jeweils nur knapp 8 Stunden. Und da werden dann auch noch Essen, Fitnessstudio und Chillen im Club irgendwie hineingequetscht.

Das sind Zahlen der Postbank Jugend-Digitalstudie 2019, für die im April und Mai 1.004 jugendliche Deutsche zwischen 16 und 18 Jahren repräsentativ befragt wurden.

Online surfen wird zum Lebensmittelpunkt

Natürlich ist das stundenlange Streaming von Videoserien vergleichbar mit dem klassischen Fernsehkonsum älterer Generationen. Natürlich wird das Internet bis zu über 2 Stunden pro Tag für Schule, Studium oder Arbeit genutzt. Und doch bedeuten im Schnitt 58 Stunden pro Woche im Internet, dass hier die Jugend einen neuen Lebensmittelpunkt gefunden hat, der älteren Generationen in diesem Ausmaß fremd ist.

Nichts geht mehr ohne Smartphone

Die meiste Zeit nutzen die Jugendlichen fürs Surfen im Netz ihr Smartphone: Auf die mobile Nutzung via Handy entfallen knapp 36 Stunden pro Woche, also über 5 Stunden am Tag. „Ein immer größerer Teil der Freizeitgestaltung von Jugendlichen findet über das Smartphone statt“, sagt Thomas Brosch, Chief Digital Officer der Postbank. „Sie tauschen sich per Messenger mit Freunden aus, schauen YouTube-Videos an oder streamen Musik über das Gerät. Die Studie zeigt, dass außerhalb der Schul- oder Arbeitszeit kaum eine Stunde vergeht, in der die jungen Deutschen nicht online sind.“

Das allgegenwärtige Bild des über ein Mobiltelefon gebeugten Jugendlichen täuscht nicht.

Je jünger desto intensiver die Handynutzung

Der durchschnittliche 16- bis 18-Jährige in Deutschland hat zu Hause die freie Auswahl an Geräten mit Internetzugang. Die Studie ergibt, dass das liebste Gerät der Jugend für alle Aktivitäten im Internet das Smartphone ist. 95 Prozent der Jugendlichen nutzen es dafür.

Auch wenn das Smartphone Dreh- und Angelpunkt ist, verfügen Jugendliche hierzulande über eine vielfältige technische Ausstattung. 96 Prozent haben einen Laptop, Desktop-PC oder ein Tablet im Haushalt. Auch das Smart-TV ist weit verbreitet: 60 Prozent haben daheim einen Fernseher mit Internetfunktion stehen.

Größere Bildschirme kommen im Vergleich zum Handy deutlich seltener zum Einsatz. Den Laptop verwenden immerhin noch 63 Prozent der Befragten, einen Desktop-PC 44 Prozent und ein Tablet nur noch 36 Prozent. Dabei gibt es jedoch Unterschiede zwischen den Altersklassen: Je jünger die Befragten sind, desto stärker nutzen sie das Handy. Besonders lange hängen die jüngsten Befragten am Smartphone: Mit gut 38 Stunden wöchentlich verbringen die 16-Jährigen noch rund 3,5 Stunden mehr mit dem Mobilgerät als die Älteren.

Ältere Jugendliche schätzen größere Bildschirme

Je älter die Deutschen sind, desto mehr kommen auch andere Varianten als das Smartphone für das Surfen in Frage. Die 18-Jährigen setzen sich eher vor den PC als die 16- und 17-Jährigen: Bei den Älteren sind immerhin knapp die Hälfte der Befragten Desktop-Nutzer. Wenn das Internet für die Schule, das Studium oder die Ausbildung benötigt wird, erhalten ebenfalls größere Bildschirme eine höhere Bedeutung. Zwar bleibt das Smartphone mit 1,1 Stunden Nutzung pro Tag auch für Hausaufgaben der wichtigste Zugangspunkt zum Netz. Doch der Laptop folgt bereits mit 0,7 Stunden und der Desktop-PC mit 0,4 Stunden pro Tag für Job, Studium oder Schule.

Kauflust bei Jugendlichen wird im Internet geweckt

Wer stundenlang im Internet unterwegs ist, kauft auch online. Die Möglichkeiten sind unbegrenzt und doch gibt es Beeinflussungen durch einzelne Influencer, die kurzfristig Trends setzen können. „Der Bummel durch Ladengeschäfte ist weniger relevant. Die Jugendlichen in Deutschland lassen sich bei YouTube, Instagram und Co. inspirieren und kaufen dann auch gleich online“, sagt Thomas Brosch, Chief Digital Officer der Postbank. „Das haben längst auch die Markenunternehmen gelernt und arbeiten mit Influencern zusammen. Wie unsere Studie zeigt, auch mit Erfolg.“

Onlineshopping: Die große Freiheit oder Influencer-Gruppenzwang

YouTuber, Instagrammer, Blogger - sie machen Eindruck bei deutschen Jugendlichen und beeinflussen deren Kaufentscheidungen. 53 Prozent der Jugendlichen im Alter zwischen 16 und 18 Jahren sagen, sie hätten in den vergangenen sechs Monaten aufgrund von Influencer-Werbung ein bestimmtes Produkt gekauft. YouTuber stehen dabei in der Gunst der Jugendlichen ganz oben, gefolgt von Instagrammern.  

Mehr als die Hälfte der Jugendlichen hat sich von Influencern dazu verleiten lassen, ein oder mehrere Produkte zu kaufen. 43 Prozent haben auf YouTube etwas gesehen, dass sie dann auch erworben haben, 13 Prozent sind innerhalb der vergangenen sechs Monate sogar mehrfach einer Produktempfehlung eines YouTubers gefolgt. 31 Prozent hat ein Bild bei Instagram zum Kauf inspiriert, ebenfalls 13 Prozent sogar zu mehreren Käufen. Blogger haben auf 14 Prozent diesen Einfluss. Doch auch andere Social-Media-Influencer, etwa bei der Life-Video-Plattform Twitch oder dem Instant-Messaging-Dienst Snapchat, motivieren noch 22 Prozent der Jugendlichen zum Einkauf.

Jugendliche kaufen bevorzugt Kleidung und Filme

Neun von zehn Jugendlichen shoppen online und geben dort durchschnittlich 54 Euro pro Monat aus. Die 16- bis 18-Jährigen bestellen besonders häufig Schuhe und Klamotten: 66 Prozent kaufen diese Produkte zumindest manchmal online ein. Sehr beliebt sind auch Medien. Die Mehrheit dieser Altersgruppe versorgt sich im Netz mit Filmen und Serien über Dienste wie Netflix oder Amazon Prime. 52 Prozent geben online Geld fürs Streaming aus. Bücher und andere Medienprodukte kaufen noch 49 Prozent im Internet. Musik-Streaming über Spotify oder Apple Music nutzen 45 Prozent der Jugendlichen.

Hinsichtlich des Kaufverhaltens gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Bei den männlichen Jugendlichen stehen Online-Spiele und Ingame-Käufe mit 56 Prozent an zweiter Stelle - knapp hinter der Kleidung (57 Prozent). Von den Mädchen können sich aber nur 23 Prozent für Games begeistern. Jungs bestellen im Internet auch häufiger Unterhaltungselektronik als Mädchen (47 zu 28 Prozent). Die weiblichen Jugendlichen sind dafür aktiver im Bekleidungskauf (75 zu 57 Prozent). Männliche Jugendliche geben beim Online-Shopping mit 66 Euro monatlich deutlich mehr aus als weibliche, die im Schnitt mit 42 Euro hinkommen.

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