Auch die Schlössle-Galerie plant ab Montag wieder zu öffnen. Foto: PZ-Archiv
Pforzheim
Stadt veröffentlicht detaillierte Corona-Verordnung - Erleichterung im Einzelhandel - Kretschmann verteidigt Entscheidung
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Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat die bevorstehende Öffnung von Geschäften von bis zu 800 Quadratmetern Verkaufsfläche verteidigt. «Das ist keine gegriffene Größe», betonte der Grünen-Politiker am Samstag anlässlich der fünften Anpassung zur Corona-Verordnung des Landes. In der Rechtsprechung gälten Einzelhandelsbetriebe mit mehr als 800 Quadratmetern als großflächig. «Sinn dieser Regelung ist es, dass nicht alle Geschäfte gleichzeitig öffnen, weil das einen Sog auf unsere Haupteinkaufsstraßen und Einkaufszentren zur Folge hätte.»

Kleine und mittelgroße Geschäfte dürfen ab Montag bei Einhalten der Abstands- und Hygieneregelungen wieder verkaufen. Das gilt auch für Pforzheim und den Enzkreis, wo bei vielen Einzelhändlern große Erleichterung herrscht. Kritik an der Entscheidung kam von der FDP im Landtag und aus der Wirtschaft.

Die Stadt Pforzheim teilte dazu am Samstag mit:

Geschäfte bis 800 Quadratmeter dürfen ab Montag wieder öffnen. Auch in Einkaufszentren und Outlets gilt die Regelung, dass einzelne Geschäfte bis zu einer Verkaufsfläche von 800 Quadratmetern öffnen dürfen (sagt das Land). Zur Definition der Verkaufsfläche, „kann auf die baurechtliche Genehmigung abgestellt werden“, heißt es in einer Richtlinie des Landes zur Verordnung. Der Außer- Haus Verkauf ist jetzt neben den Gaststätten auch Cafes und Eisdielen erlaubt. Geöffnet bleiben auch KFZ-Handel, Fahrradhandel und Buchhandel unabhängig von der Größe der Verkaufsfläche. Mobile Verkaufsstände für Lebensmittel ohne Tische und Sitzgelegenheiten (Eis, Pommes, Würstchen, Kaffee, etc) sind erlaubt. Wein- und Spirituosenhandlungen (ohne Verkostung) dürfen öffnen. Frisöre sollen unter strengen Auflagen ab 4. Mai wieder öffnen können. Daneben sollen Schulen ab dem 4. Mai stufenweise wieder öffnen.

In Gebäuden mit mehreren, rechtlich voneinander unabhängigen Geschäften (Shoppingcenter) wird jedes Geschäft gesondert betrachtet (siehe Datei „Gemeinsame Richtlinie“ – Punkt A 3.).

Um insbesondere Handel und Gastronomie auch weiterhin ergänzend zu unterstützen, plant die Stadt die vor zwei Wochen eingeführte WSP-Gutschein-Plattform www.handeln-fuer-pforzheim.de, die nach eigenen Angaben mit großem Erfolg angenommen wurde, fortzuführen - auch unabhängig von der weiteren Entwicklung der Corona-Einschränkungen.

In den sozialen Netzwerken teilte auch die Schlössle Galerie mit, dass sie ab Montag wieder teilweise öffnen wird. Friseure und Nagelstudio bleiben aber geschlossen.

Veranstaltungen bleiben weiterhin bis zum 3. Mai verboten, außer Sie dienen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung. Bis zum 31. August bleiben Großveranstaltungen verboten. Wie eine solche im Detail definiert wird, müsse noch geklärt werden, schreibt das Land auf der eigenen Webseite.

Politischer Zwiespalt auf Landesebene

Auch Innenminister Thomas Strobl hätte sich andere Lösungen vorstellen können. Dabei wären nicht die Größe oder Art eines Betriebs entscheidend, sondern allein der Infektionsschutz, sagte der CDU-Politiker der «Schwäbischen Zeitung». Auch der Einzelhandelsverband hätte sich gewünscht, dass die Einhaltung von bundesweit einheitlichen Hygienevorgaben die wesentliche Bedingung gewesen wäre - und nicht, wie jetzt, die Größe des Ladens oder die Branche.

FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke, der auch Mitglied im Pforzheimer Gemeinderat ist, sieht Ungerechtigkeiten und bürokratische Streitfälle infolge der Regelung mit dem Grenzwert von 800 Quadratmetern voraus. «Es ist auch nicht einsichtig, weshalb man sich auf großer Fläche eher infizieren soll als auf enger Fläche», sagte er. Besser wäre eine Orientierung an Hygiene- und Abstandsregeln sowie ein Umrechnen von Flächen auf die zulässige Zahl der Kunden.

Zugleich gaben Gesundheits- und Wirtschaftsministerium Details zu den Auflagen für die Geschäfte bekannt. So müssen bei der Berechnung der Verkaufsfläche Windfänge, Bedienungstheken, Standflächen für Einrichtungsgegenstände einbezogen werden, nicht aber Flächen für Lagerung von Ware, vor Notausgängen und für die Einkaufswagen. Wenn findige Geschäftsleute durch eine künstliche Verkleinerung von Verkaufsflächen durch Abtrennen von Bereichen den Grenzwert unterschreiten wollen, ist auch das ausdrücklich nicht erlaubt. Die Industrie- und Handelskammer Oberschwaben monierte das und sprach von Wettbewerbsnachteilen für einige wenige Unternehmen. Sie müssten schnell eine Perspektive erhalten.

Zu den Hygiene-Regeln gehören Möglichkeiten der Handdesinfektion für Kunden und Beschäftigte, Markierungen zum Einhalten des Mindestabstands an den Kassen, Abtrennung der Kassenarbeitsplätze etwa durch Plastikwände sowie mehrfache Reinigung der Kassenarbeitsplätze sowie der Handläufe und Türgriffe. Zurückgegebene Ware muss eine Woche separat aufbewahrt werden.

Die SPD im Landtag forderte einen Stufenplan der Landesregierung; dieser soll transparent machen, wie es in weiteren Bereichen des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens weitergehen kann, wenn die momentanen positiven Verläufe bei den Infiziertenzahlen auf einem weiterhin guten Niveau blieben.

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