Vereinsvorsitzender Reinhard Kölmel (rechts) führt den Besuchern im Osterfeld vor Augen, wie viel Technik hinter einer gelungenen Aufführung steckt. Foto: Seibel
Florian Dagenbach, Fachkraft für Veranstaltungstechnik, hat die Seilzüge im Griff. Foto: Seibel
Pforzheim
Schau mal, wo du lebst: Geschichten vom Osterfeld
  • Lisa Belle

24 Leser erleben eine Führung durchs Pforzheimer Kulturhaus Osterfeld im Rahmen der PZ-Sommeraktion „Schau mal, wo du lebst“. „Es ist nicht nur irgendein Gebäude der Stadt, in dem Theater und Musik ihren Platz gefunden haben, in dem Fotoausstellungen, Workshops und Tagungen stattfinden – das Kulturhaus Osterfeld ist vielmehr ein „steinernes Geschichtsbuch der Stadt Pforzheim und von hoher architektonischer Qualität“. Das macht Reinhard Kölmel, Vorsitzender des Trägervereins, gleich zu Beginn der Führung klar, bevor er und der technische Leiter Frank Willmann sie treppauf und treppab mit auf eine kleine Zeitreise nehmen.

Das Gebäude habe bei der Zerstörung der Stadt am 23. Februar 1945 lediglich eine Brandbombe abbekommen, sagt Kölmel. „Das hat schon die Voraussetzung für den Bühnenturm geschaffen.“ So sei auch die Idee entstanden, das einstige Stadttheater hier unterzubringen. Rund 40 Jahre blieb das Schauspielhaus dort – noch heute profitieren die Gruppen und Vereine im Osterfeld davon.

Im Großen Saal steht noch das Gestühl aus damaliger Zeit. „Hier war übrigens mal die Jungen-Turnhalle“, erklärt Kölmel, bevor er die Gewinner der PZ-Sommeraktion mit hinter den Vorhang nimmt. „Wenn man hinter die Bühne kommt, ist man enttäuscht“, warnt er sie vor, „aber das ist auch in jedem anderen Theater der Welt so, dass es dort anders aussieht, als aus der Sicht der Zuschauer.“

Und er soll recht behalten: Auf Tischen und Stühlen, an Stangen von der Decke baumelnd oder einfach auf dem Boden liegend versperren Dutzende Scheinwerfer den Weg. Drei junge Männer sind damit beschäftigt, die Technik zu warten und zu säubern. Auch dafür ist die Spielpause über den Sommer gut.

Über 14 Meter reicht der Bühnenturm bis unters Dach. Schon von unten beeindruckend, richtig schwindelerregend ist aber erst der Blick vom Schnürboden nach unten – zwischen den Drahtseilen der 17 Konterhandzüge hindurch, an denen Technik und Vorhänge schweben.

Ganz dort oben, direkt unter dem Dach, sind neben Seminarräumen auch ganz besondere Schätze untergebracht. Zwischen dem Gebälk auf dem Dachboden lagern sämtliche Requisiten des Kulturhauses: Da stauben ein Strandkorb, alte Sofas und unzählige Teile von Bühnenbildern vor sich hin. Neben Kronleuchtern türmen sich alte Uhren und das Steuerrad eines Schiffes. „Jedes einzelne Teil hat seine Geschichte“, sagt Kölmel. „Und wenn man eines wegwirft, braucht man es sicher im nächsten Jahr.“

Die Geheimnisse des alten Gebäudes – ob die des ehemaligen Luftschutzbunkers im Keller, der heute als Garderobe dient, oder der Perücken im Kostümfundus – solange Kölmel sie alle so mitreißend erzählen kann, bleibt im Osterfeld Stadtgeschichte lebendig.

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