PZ-Redakteur Ralf Kohler war mit Waldis EM-Club nicht so sehr zufrieden.

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PZ-zapp: Ralf Kohler über Waldis EM-Club

Eine Ähnlichkeit ist durchaus vorhanden - wie beim "Presseclub" oder bei "Maybrit Illner" sitzen bei "Waldis EM Club" eine Hand voll Menschen an einem Tisch und reden. Das muss man nicht sehen, hören reicht eigentlich. Anders als der "Presseclub" oder "Maybrit Illner" wird die Sendung von Waldemar Hartmann allerdings nicht parallel im Hörfunk ausgestrahlt.

Kein Wunder, hier geht es ja nicht darum Gehaltvolles zu sagen. Nachdem alle Spiele gespielt und die meisten Spieler interviewt sind, außerdem Mehmet Scholl ausführlich analysiert hat, dient "Waldis EM Club" der Inszenierung. Da das wahre Leben auch beim Fußball nicht mehr reicht, wird kurzerhand eine Fernseh-Realität geschaffen. Daran beteiligen sich in Leipzig 600 Besucher im "Bayerischen Bahnhof", während immerhin bei ein paar Millionen der Fernseher läuft.

Für manche wird "Waldis EM Club" zum "Sandmännchen", wobei wohl keiner vom angestrengten Zuhören einschläft. Auch das ermüdet allerdings, wie der Selbstversuch eine Stunde nach Deutschlands 2:1 gegen Dänemark zeigt. Waldemar Hartmann, mit 64 theoretisch kurz vor dem Eintritt ins Rentenalter, begrüßt dieses Mal den gerade 70 Jahre alt gewordenen Frank Elstner. Mit dabei ist auch der frühere Handball-Paradiesvogel Stefan Kretzschmar (39), den die ARD komischerweise nicht in Sarajevo braucht, um zu analysieren, warum die Deutschen am Mittag gegen die Handballer aus Bosnien-Herzegowina fast noch die Qualifikation für die WM 2013 verspielt hätten. Die anderen beiden Männer eine (Fernseh)-Frau wie Bettina Tietjen oder Bärbel Schäfer sitzt dieses Mal nicht am Tisch - kommen beide aus Lippstadt. Es sind "der kleine Rummenigge" Michael (48), der sich an diesem Sonntagabend mit seiner rauhen Stimme fast anhört wie sein älterer Bruder Karl-Heinz, und Matze Knop (37), der im EM Club in unterschiedlichen Rollen als Einziger außer Moderator Hartmann jedes Mal mitmischt.

Mit "Waldi" hat Knop zur EM einen Titel aufgenommen hat: "Wir sind die Besten von Europa". Dieses Lied kann jeder mitgrölen, zum Beispiel gleich zu Beginn der Sendung. Populistisch geht es gleich weiter - mit Empörung über den EM-Modus, aufgrunddessen auch der EM-Favorit Deutschland noch zittern musste. "Ausgeschieden mit sechs Punkten, das wäre relativ unverständlich gewesen", wundert sich Handballer Kretzschmar. Dabei kann in einer Vierergruppe immer eine Mannschaft trotz zweier Siege ausscheiden, wenn nur zwei weiterkommen - am System liegt das nicht, sondern in der Natur der Sache und gilt für Handball genauso wie für Fußball.

Nur wird halt viel dumm dahergeredet bei "Waldis EM Club" - an diesem Abend kommt es vor allem Rummenigge und Kretzschmar weniger auf den Sinn des Gesagten als auf den Zuspruch des Publikums an. Die Fernseh-Profis zeigen dagegen zwischendurch, dass sie mit Sprache umgehen können. "in der 80. Minute bin ich um zehn Jahre jünger geworden", sagt Elstner zum 2:1-Siegtreffer des EM-Debütanten Lars Bender. Moderator Hartmann nimmt den Ball auf - und versenkt: "Und das heißt etwas, du fällst in die Zielgruppe der ARD zurück." Da klingt ausnahmsweise mal Selbstironie an, die echt ist und nicht gespielt (so wie sonst).

Kein Beispiel für Spontaneität, aber dennoch gut, ein Wortspiel in dem Knop Griechisch für Anfänger wie auch den Fußball-Obelix Reiner Calmund unterbringt: "Kalimera heißt guten Tag, Kalispera heißt guten Abend und "Calli" Calmund heißt guten Appetit." Für den Moderator ist das das Stichwort Calmund "anzurufen" - den natürlich Knop parodiert. Inhaltlich wagt "Calmund" einen Rückgriff auf vorherige EM-Shows. Das Ganze hat mit Wurst (also einem Calmundschen Lieblingsthema) zu tun - so viel wird dem Dümmsten klar. Worum es genau geht, kann ich Ihnen leider nicht sagen, da ich "Waldis EM Club" bis zum Sonntag jedes Mal verschlafen hatte. Naja, so wichtig wird`s wohl nicht gewesen sein.

Knop hat es übrigens gut. Er spricht immer als Comedian (also als Spaßvogel), wenn er nicht ohnehin gerade jemanden parodiert. Also braucht zumindest er sich nicht zu überlegen, wie ernst und wie unernst er sich in dieser Sendung nehmen soll. Viele Gäste, so wie nach dem jüngsten Deutschland-Spiel "Kretzsche" Kretzschmar und als einziger "nomineller" Fußball-Experte Michael Rummenigge sind da unentschlossen - was in ähnlicher Weise für viele Interviewpartner der ZDF-Reihe "Pelzig hält sich" gilt, die übrigens gerade EM-Pause macht. Doch zurück zum Sonntagabend bei Waldi, wo Elstner, gleichermaßen Showmaster und Journalist, also geübt darin zu unterhalten wie auch zu informieren, es noch am Besten hinbekommt, Sprüche zu klopfen ohne sich zum Kasper zu machen. Über "Waldi" brauchen wir nicht weiter zu reden, der Mann der einst als Erster den Bundestrainer interviewen durfte, ist mittlerweile zur eigenen Parodie geworden. Genauer gesagt, er hat sich in den vergangenen fünf, sechs Jahren selbst dazu gemacht - damit die Show für ihn erst so richtig losgeht und für Herrn Hartmann der Rubel rollt.

Der Kalauer, dass er dann und wann noch Frauen hinterherschaut, aber nicht mehr weiß warum, ist noch lange nicht alt genug, als dass "Waldi" darauf verzichten würde. Auch die Annahme, dass man Fan-Sein dadurch ausdrückt, indem man bekundet vom angehimmelten Hinz oder Kunz ein Kind zu wollen, passt in seinen "EM-Club", nein, sie ist sogar wie dafür gemacht. Ebenso ist das Spötteln über den ohne Punkt ausgeschiedenen Nachbarn und Fußball-Dauerrivalen Holland vorhersehbar, also auf gut Deutsch für "Waldis EM Club" unverzichtbar. Halbwegs originell ist noch Knops Jürgen-Klopp-Parodie. Wer da nicht hinschaut versteht allerdings, warum Knop dabei im Bild ist, anders als sonst für gewöhnlich bei seinen Stimmimitationen. Er sieht zwar aus wie Meistertrainer Klopp - hört sich aber dennoch an wie Knop.

Alles in Allem liegt der Informationswert beim EM-Club mit Überlänge bei nullkommanull. Was das Element Unterhaltung angeht, wäre eine Benotung mit "ungenügend" zu hart. "Mangelhaft" trifft es schon eher, wobei das 42-minütige Schauspiel aus Sicht von weniger anspruchsvollen Zeitgenossen sogar ein "ausreichend" bekommen mag. Klar ist jedenfalls: "Waldis EM Club" ist ein Produkt der Fernseh-Überfluss-Gesellschaft, vor 25 Jahren als es noch einen Sendeschluss gab und das Testbild noch nicht ausgedient hatte, wäre keiner auch nur auf die Idee gekommen so etwas zu senden - noch dazu im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Heutzutage, das Fernsehen dient oftmals als Nebenbei-Medium, muss alles ins Bild, was überhaupt wahrgenommen werden soll. Schon deshalb würde niemand eine solche Show fürs Radio produzieren, obwohl das viel billiger wäre, und es auch am Sonntag wieder gereicht hätte, all die Sprüche und Fachsimpeleien des EM-Clubs zu hören. Wer nach einem langen Fußball-Abend alle technischen Geräte ausgeschaltet hatte und einfach ins Bett gegangen war, lag allerdings mit Sicherheit auch nicht daneben.

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