Auf der Tafel stehen noch Gerichte, die bis vor kurzem zu haben waren. Quasi über Nacht hat das „Landhof-Standl“ in der Schlössle-Galerie dichtgemacht. Hier soll es bald mit einem anderen Gastronomie-Konzept weitergehen. Foto: Ketterl
Pforzheim
Letzter Pforzheimer Innenstadt-Metzger ist vorerst Geschichte
  • Olaf Lorch-Gerstenmaier und Claudius Erb

Pforzheim. Vor wenigen Tagen noch hatten sich dort Passanten mit Wurstwaren eingedeckt oder etwas warmes Deftiges vom Teller oder aus der Hand schmecken lassen. Über Nacht aber war plötzlich Schluss mit dem „Landhof Standl“ in der Schlössle-Galerie.

Leergeräumt und abgesperrt ist der Shop im Gastronomiebereich im Untergeschoss. Mit einem anderen Angebot wird es dort bald weitergehen. Mit Blick auf die gesamte Innenstadt ist diese Entwicklung allerdings ein Tiefpunkt für eine Branche, die sich hier seit Jahren im Sinkflug befindet. Die klassische Metzgerei gibt es in der City nicht mehr. Die Fahnen hält – neben Müssle mit dem Feinkost-Sortiment – einzig Pischzans Frischetheke im City-Supermarkt hoch.

PZ-Recherchen ergeben Dramatisches und Tragisches. Über die Landhof Konzept GmbH mit Sitz in Amsham (Landkreis Rottal-Inn), die bundesweit etliche „Standl“ betrieb oder als Franchise vergab, ist im Oktober vergangenen Jahres das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Ende November kam laut Berichten bayerischer Medien Theo Pozsgai als Beifahrer bei einem Unfall in Baden-Württemberg ums Leben. Pozsgai hatte nicht nur für einige Zeit die Geschäfte der Passauer Köpa Fleischwaren GmbH geführt, sondern war jahrelang auch das Gesicht der „Landhof -Standl“.

Rita Phieler, die Centermanagerin der Schlössle-Galerie, bestätigt auf PZ-Nachfrage, dass die Insolvenz dieses Unternehmens Ursache für den Leerstand ist, der aber nicht lange andauern werde. Die Nachfrage sei da, „wir haben ein Luxusproblem“, sagt Phieler. Die Schlössle-Galerie sei ein „toller Standort“ und gut zu vermieten. Sobald der Insolvenzverwalter die Fläche freigebe, werde es „sehr schnell“ gehen. Phieler rechnet damit, das schon in wenigen Wochen ein anderes Gastro-Konzept an den Start geht. Welches, sei aber noch nicht zu sagen. Doch das letzte Kapitel einer traurigen Pforzheimer Einzelhandelsgeschichte bleibt ohne Happy End.

So geht’s, wenn man sich verhebt: Feinkost-Böhm, eine der ersten Adresse des Landes, will raus aus der feinen, aber kleinen Dillsteiner Straße, alten Pforzheimern noch bekannt als „Fifth Avenue von Pforze“. 1996 ist das, und es zeichnet sich der Bau des VolksbankHauses zwischen Zerrenner-, Goethestraße und Westlicher ab – mit der späteren Schlössle-Galerie vis-à-vis der westliche Abschluss des Leopoldplatzes.

Lage, Lage, Lage – doch die Fläche im neuen Geld- und Konsumhaus ist auf die Dauer zu groß. Das Umsatzziel wird nicht erreicht. Nach ein paar Jahren (2002) streicht Böhm in der Goldstadt die Segel; auch die Weiterführung unter Leitung eines früheren leitenden Angestellten scheitert – und damit auch ein Teil der Frischfleisch- und Fischgeschichte auf hohem Niveau. Nachfolge-Mieter an der Dillsteiner Straße wird die hundertprozentige Böhm-Tochter Aldinger. Sie offeriert als „starkes kulinarisches Doppel“ (so die PZ vom Dezember 1997) eine kombinierte Metzgerei mit „Imbiss’tro“. Doch dann macht auch diese Pforzheimer Traditionsmetzgerei (gegründet 1938 und 1977 von Böhm übernommen) am Standort dicht – es soll einer der längsten Ladenleerstände in der Geschichte des Sedanviertels werden (heute läuft das Geschäft für die Firma „Rennwerk“).

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