- Nico Roller
Pforzheim. Egal, ob Rock, Pop, Schlager, Hip-Hop oder Funk: Für jeden Musikgeschmack war etwas geboten bei der Online-Disco des Kappelhofs für Menschen mit Behinderung. Mehr als zwei Stunden lang heizte Discjockey Bernd Czora am Freitagabend bei der Veranstaltung des Pforzheimer Caritasverbands den Zuschauern per Videokonferenz ordentlich ein.
Eine Situation, die auch für ihn neu und ungewohnt war: Normalerweise legt er in einem großen Saal auf und hat Blickkontakt zu seinem Publikum. Die Tanzfläche vor ihm ist dann brechend voll. Rund 150 Besucher sind in den vergangenen Jahren zur Disco des Kappelhofs gekommen. „Man konnte kaum laufen.“ Dieses Jahr gab es keine Tanzfläche und keinen direkten Kontakt zum Publikum, stattdessen einen Bildschirm, auf dem er bei der Online-Disco die Teilnehmer sehen konnte. Czora musste sich umstellen: „Man ist da so etwas wie ein Alleinunterhalter“, erklärt er im PZ-Gespräch: Man müsse die Menschen direkt ansprechen und könne sich als DJ nicht nur auf die Musik konzentrieren. Deshalb schaute er am Freitagabend immer wieder in die Kamera und sagte Sätze wie:
„Macht mal richtig Krach für mich, ich kann euch nicht hören.“
„Ein super Erlebnis“
Auf direkte Ansprache setzte auch Jörg Augenstein. Der Schlagersänger war am Freitagabend ehrenamtlich dabei und gab einige Hits zum Besten. Czora hatte ihn vor einiger Zeit im CongressCentrum (CCP) bei einer Faschingsveranstaltung für alte und behinderte Menschen kennengelernt und ihn anschließend gefragt, ob er auch bei der Disco des Kappelhofs mitwirken würde. Augenstein war sofort dabei – und musste voriges Jahr nach seinem Live-Auftritt prompt Autogramme schreiben. „Das war für unsere Leute ein super Erlebnis“, erzählt Czora.
Auch in der Online-Disco sorgte Augenstein am Freitagabend für Stimmung: unter anderem mit einem Medley aus 70er-Jahre-Schlagern, dem „Böhmischen Traum“ und „Good Morning Sunshine“. Außerdem präsentierte er eine brandneue Single: „Mit 17“ soll im Frühjahr auf den Markt kommen. „Es ist einfach schön, heute Abend mit euch zu feiern“, sagte Augenstein, der sich schon jetzt auf 2021 freut, wenn die Disco hoffentlich wieder live stattfindet.
Choreografie kommt an
Da geht es der Tanzschule Saumweber-Fischer ähnlich. „Uns macht es immer sehr viel Spaß, mit euch und für euch zu performen“, sagte Sylvie Fischer, nachdem ein Video zu sehen war, auf dem die Tänzer zusammen mit Camillo Lauricella zu moderner Musik eine abwechslungsreiche Choreografie zeigten. Eine, die bei den Zuschauern gut ankam. Überhaupt herrschte beste Stimmung: Viele tanzten vor der Kamera, lachten und streckten die Hände in die Luft. Über die Chatfunktion wurden Musikwünsche geäußert. In der Spitze waren bis zu 200 virtuelle Discobesucher dabei. „Gemeinsam feiern stärkt das Zusammengehörigkeitsgefühl“, sagt Silke Jakob. Die Koordinatorin beim Caritasverband Pforzheim hält die Online-Disco auch deshalb für wichtig, weil die Menschen lange im Lockdown waren, viele Einschränkungen hinnehmen mussten und kaum Kontakte nach außen hatten: Innerhalb der Einrichtungen sollten sich die einzelnen Wohngruppen nicht begegnen. „Es ist toll, dass man sich so zumindest online sieht.“