Corona-Quarantäne
Steil nach oben zeigt die Kurve der Menschen, die nach einem Kontakt mit einem Corona-Infizierten in Quarantäne geschickt werden, wie die Balkengrafik des Enzkreises zeigt. Foto: Ramona Heim/Adobe Stock / Grafik: Sagbauer
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Gesundheitsamt wegen Corona-Quarantäne besorgt: Zahl der Kontaktpersonen steigt rasant
  • Thomas Kurtz
  • Alexander Heilemann

Enzkreis. Die Gesundheitsämter in Deutschland haben wieder deutlich mehr zu tun. Dabei geht es nicht nur um Corona-Tests, sondern vor allem auch um das Auffinden und Benachrichtigen von Kontaktpersonen, die umgehend in Quarantäne müssen, um die Ansteckungskette nicht noch weiter zu verlängern. „Die Kontakt-Ermittlung nimmt rasant zu“, berichtet Dr. Brigitte Joggerst, Leiterin des Gesundheitsamts Enzkreis/Stadt Pforzheim.

So steigen die Corona-Zahlen in Baden-Württemberg kontinuierlich an, wobei nicht mehr Reiserückkehrer allein dafür verantwortlich sind. Viele Menschen haben sich auf privaten Feiern angesteckt, wobei dann schnell Hunderte betroffen sind. Und auch die Corona-Ausbrüche an Schulen sorgen für extrem viel Mehrarbeit. So gab es zum Beispiel jüngst einen Corona-Infizierten im Landkreis Calw, der 70 enge Kontaktpersonen in die Quarantäne brachte. Die Anzahl ergab sich aus seiner Anwesenheit bei einer Geburtstagsfeier und durch seine fußballerischen Aktivitäten, wie Anja Reinhardt, Pressesprecherin im Landratsamt Calw, erklärte. "Das Infektionsgeschehen an Schulen ist im Kandkreis Calw aktuell mit einem bestätigten Fall noch überschaubar, allerdings erreichen uns täglich circa ein bis zwei Verdachtsfälle aus Schulen/Kitas – meist Kinder mit positiv getesteten Familienangehörigen, mit vorsorglichem Zuhausebleiben der Kontaktpersonen", so Anja Reinhardt weiter. Da sich die Verdachtsfälle bisher meist als negativ herausstellt hätten, konnten die anderen Kinder recht bald die Schulen/Kitas wieder besuchen.

Ein Gymnasiast mit Corona-Diagnose – und 100 Mitschüler und Lehrer in Mühlacker müssen zwei Wochen lang vorsorglich zu Hause bleiben. Das war der zahlenmäßig heftigste Fall der vergangenen Tage im Bereich des Gesundheitsamts Enzkreis/Stadt Pforzheim. Aber es war nur einer von vielen. In Pforzheim sind etliche Hebel-, Reuchlin- und THG-Gymnasiasten von Quarantäne betroffen, in Niefern sind es je eine Klasse an der Grund- und an der Werkrealschule – mit sechs Lehrern und zwei Schulsozialarbeiterinnen. In Maulbronn eine Kindergartengruppe. Dazu zwei Firmen oder auch Betreuer in einem Mühlacker Pflegeheim.

Zahl der Kontaktpersonen in der Region extrem gestiegen

Indikator für den Anstieg des Arbeitsaufwandes in den Gesundheitsämtern ist unter anderem die Zahl der Menschen, die als Kontaktpersonen der Kategorie 1 unter Quarantäne gestellt wurden. „Etwa 100 waren es Anfang des Monats, knapp 200 am 16. September und zum 1. Oktober lag die Zahl über 400“, so die Ärztin Brigitte Joggerst, Leiterin des Gesundheitsamts Enzkreis/Stadt Pforzheim, zur Situation in Pforzheim und im Enzkreis. „Die Kurve zeigt steil nach oben.“ Aufgrund der ebenfalls deutlich gestiegenen Zahl an Anfragen in der Hotline wird das Gesundheitsamt seine Info-Zentrale unter Telefon (07231) 308-6850 auch am Samstag, 3. Oktober, von 9 bis 14 Uhr besetzen.

„Gerade die jüngsten Ausbrüche an Schulen zeigen, wie viele Menschen ermittelt, informiert und unter Umständen in Quarantäne geschickt werden müssen“, sagt auch Erster Landesbeamter Wolfgang Herz, der im Landratsamt den Verwaltungsstab Corona leitet. Bislang sei das Gesundheitsamt in der Lage, die Fälle abzuarbeiten. „Aber wenn es mehrere Ausbrüche gleichzeitig gibt, wird die Personaldecke sehr dünn.“ Es sei sehr wichtig, Infektionsketten rasch zu erkennen und zu unterbrechen, betont Joggerst: „Nur so können wir eine unkontrollierte Ausbreitung verhindern, die über kurz oder lang zu Einschränkungen führen würde.“

Hohe Bußgelder für Quarantäne-Verweigerer

Kein Verständnis hat man im Landratsamt für Quarantäne-Verweigerer. „Natürlich ist es nicht schön, zwei Wochen zu Hause bleiben zu müssen – aber wenn die Maßnahme andere schützen und möglicherweise sogar Leben retten kann, halte ich das für absolut angemessen“, sagt Vize-Landrat Herz. Quarantäne bedeutet eine strikte häusliche Isolation. Der Betroffene darf die Wohnung oder das Haus nicht verlassen – weder zum Spazierengehen noch zum Einkaufen. Verstöße werden mittlerweile durch hohe Bußgelder geahndet.

Und wer kontrolliert das? Das ist Aufgabe der Ortspolizeibehörden. Die bekommen die erforderlichen Daten zur Kontrolle der Einhaltung der angeordneten Quarantäne gemäß einer landesweiten Regelung über eine sichere Plattform übermittelt.

Wer muss in Quarantäne?

Wer positiv auf das Corona-Virus getestet wurde, muss sich für mindestens zehn Tage in Isolation begeben. Falls er in dieser Zeit Symptome entwickelt und erkrankt, wird die Isolation verlängert – „so lange, bis der Patient mindestens zwei Tage symptomfrei ist“, erklärt Joggerst. Während der Isolationszeit ruft eine Ärztin des Gesundheitsamts regelmäßig an, um zu erfahren, wie es dem Menschen geht.

Für Kontaktpersonen der Kategorie 1 gilt eine Quarantäne von derzeit 14 Tagen – und zwar ab dem Moment, zu dem man sich zuletzt angesteckt haben könnte. „Wenn der Kontakt zu einem Infizierten schon eine Woche zurückliegt, dauert die Quarantäne nur noch eine weitere Woche“, erläutert Brigitte Joggerst. Wer wolle, könne sich auf Corona testen lassen – „aber das verkürzt die Quarantäne nicht.“

Eine generelle Verkürzung der Quarantäne auf zehn Tage werde zwar momentan diskutiert, sei aber noch nicht spruchreif, wie Wolfgang Herz sagt. Auch die vorgesehene Neuregelung der Bedingungen für Einreisende aus Risikogebieten sei bislang noch nicht geltendes Recht. Geplant ist hier, dass zunächst fünf Tage Quarantäne gelten, ehe ein Corona-Test durchgeführt werden muss.

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