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Baden-Württemberg
Erstochen und Feuer gelegt - Indizienprozess um Mord an 66-Jähriger
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Karlsruhe. Eine allein lebende, vermögende Frau wird erstochen und am Tag danach ihre Wohnung mit ihrer Leiche angezündet. Viele Spuren sind dahin. Als Täterin kommt aus Sicht der Anklage nur die frühere Putzfrau in Frage. Sie war am Tatort, hat aber ihre ganz eigene Version.

Im Prozess um den Mord an einer 66-jährigen Frau, die brutal erstochen und später in ihrer brennenden Karlsruher Wohnung entdeckt worden war, hat die 61-jährige Angeklagte jede Schuld von sich gewiesen. Sie habe das Opfer, bei dem sie jahrelang geputzt hatte, tot in der Wohnung auf ihrem Bett gefunden, als sie eigentlich nur den Wohnungsschlüssel zurückbringen wollte. «Sie war eiskalt und am Kopf war alles rot», sagte sie am Montag vor dem Landgericht Karlsruhe. Dieser Tag sei der schlimmste ihres Lebens gewesen. Die Staatsanwaltschaft wirft der ehemaligen Haushaltshilfe des Opfers vor, die 66-Jährige im Mai vergangenen Jahres erstochen zu haben, um den mehrfachen Diebstahl von Schmuck und Bargeld zu vertuschen. Einen Tag später soll sie zurückgekehrt sein und das Feuer gelegt haben, um Spuren zu vernichten.

Die bis auf wenige Ausnahmen sehr ruhig und konzentriert wirkende Angeklagte räumte ein, am Tag nach der bis dahin unbemerkt gebliebenen Bluttat in das Haus zurückgekehrt zu sein, in dem die Wohnung der Toten war. Sie habe die Zeit um einen Tag zurückdrehen und so tun wollen, als habe sie die Leiche eben erst entdeckt. «Dann wollte ich mit dem Handy die Polizei rufen.» Stattdessen sei ihr aber ein unbekannter Mann im Treppenhaus entgegengekommen und gleichzeitig habe sie das laute Piepsen eines Feuermelders gehört. «Das hat mich so erschreckt.» Sie habe das Haus dann wieder verlassen, ohne die Wohnung der Toten noch mal zu betreten.

Warum sie den Fund der Leiche weder sofort noch am Tag danach gemeldet habe, sei ihr selbst unerklärlich. Die Polizei hatte sie nach dem Feuer ausführlich vernommen - zunächst als Zeugin, später dann als Beschuldigte. «Ich habe alles falsch gemacht, was man falsch machen kann», sagte sie. Die Tage direkt nach dem ihr vorgeworfenen Mord und der Brandstiftung hatte sie wie immer verbracht: Mit Einkäufen, Vorbereitungen für ein Geburtstagsfest ihres Mannes und Kneipenbesuchen. ««Mein Kopf war wie ausgeschaltet», versuchte sie ihr Verhalten zu erklären. «Aber ich habe ihr nichts getan.»

Ihre sehr detailreiche und präzise Version der Abläufe an den Tagen rund um den Mord trug sie ohne große Erinnerungslücken vor. «Sie kennen die Akte ja sehr genau», sagte der Vorsitzenden Richter. Auch intensive Fragen nach Einkünften aus rund einem Dutzend Schmuckverkäufen an einen Goldhändler parierte sie ohne Zögern: Sie habe ihm lediglich eigenen Schmuck und auf Flohmärkten günstig erworbene Preziosen verkauft. In den Jahren 2016 und 2017 hatte sie dabei fast 5000 Euro eingenommen. Eine Vorstrafe wegen Diebstahls bei einer ihrer Arbeitgeberinnen gab die mit bis zu 60 000 Euro verschuldete Angeklagte ebenfalls ohne Umschweife zu. «Ich habe aber nur bei einer geklaut.»

Das 66-Jahre alte Opfer war mit vielen Stichen getötet und möglicherweise auch mit einem Kissen erstickt worden. DNA der Angeklagten fand sich auf dem Deckel einer Spiritusflasche, mit der der Brand gelegt worden war. Außerdem entdeckten die Ermittler ihr Haar auf der Leiche. Die Tatwaffe wurde nicht gefunden, obwohl die Polizei sogar Sperrmüll durchsucht hatte. «Es handelt sich um einen reinen Indizienprozess», sagte ihr Verteidiger Marvin Schroth. Wegen der aufwendigen Beweisaufnahme sind weitere 16 Verhandlungstage angesetzt. Ein Urteil könnte demnach am 19. März fallen.

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