Almut Benkert (Dritte von rechts) und Dorothee Sommer (rechts) vom EMMA-Kreativzentrum freut es, dass die Jury – von links Alexander Schlag, Christiane Nicolaus, Tim Labenda und Philipp Eberle – drei würdige Gewinner gefunden hat. Ketterl
Mit dem „Kartio Stool“ aus dem Jahr 2014 hat Carolina Rebelo Schneider einen ungewöhnlichen Stuhl entworfen. Rebelo
Kultur
Die drei Gewinner des „Designer-in-Residence“-Stipendiums in Pforzheim
  • Simon Püschel

In Deutschland leben alle drei Gewinner des „Designer-in-Residence“-Stipendiums, das die Stadt Pforzheim zusammen mit der Hochschule ausgelobt hat. Die Bewerbungen aber kamen aus aller Herren Länder – aus Kanada, Südkorea oder Griechenland.

55 junge Kreative wollten das begehrte Stipendium gewinnen. Drei haben sich durchgesetzt: Carolina Rebelo Schneider, Vera Stassen und Elke Fiebig. Ab April forschen und feilen sie in Pforzheim an ihren Werken – und greifen auf die kreative Infrastruktur zurück, die die Stadt bereithält.

„Wir haben versucht, solche Bewerber auszuwählen, von denen wir denken, dass sie ihr Projekt in der Zeit des Stipendiums gut voranbringen können“, sagt der Pforzheimer Designer Alexander Schlag, der als Jury-Mitglied mit für die Endauswahl verantwortlich ist. War es einfach, aus 55 die drei Besten zu wählen?

Die Erstauswahl ging recht schnell, sagt Schlag. „Unter den Guten aber die Besten zu finden, das hat lange gedauert.“ Was war Schlag wichtig bei der Auswahl? „Wir haben natürlich auf die Qualität der Entwürfe geachtet“, sagt er. „Wichtig war aber noch ein Zweites: die Bodenhaftung“. Denn die Designer sind nur für drei Monate in der Stadt. Schlag und seine Kollegen wollten nur solche Projekte fördern, bei denen man in einer solchen Zeit auch zu handfesten Fortschritten kommt.

Das, finden sie, ist ihnen gelungen – und wirkt positiv nicht nur für die Designer selbst. „So ein Stipendium festigt den Ruf, den Pforzheim schon jetzt als Designstandort hat.“

Carolina Rebelo Schneider – Stipendiatin Produktdesign

. . . wurde im brasilianischen Rio de Janeiro geboren. Sie wohnt in Berlin.
n Wie haben Sie von der Ausschreibung erfahren? War Ihnen Pforzheim als Kreativstandort ein Begriff? Ich habe von der Ausschreibung durch einen
E-Mail-Newsletter erfahren. Die Pforzheimer Hochschule ist bekannt – gerade wegen ihres Automobildesigns. In der Stadt war ich aber noch nie.
n Was ist das Besondere an Ihren Arbeiten? Ich bin sehr neugierig, und dabei immer auf der Suche nach ungewöhnlichen Lösungen. Für eines meiner Projekte – den „Kartio Stool“ – habe ich eine besondere Form entwickelt, die ganz un-minimalistisch ist.
n An welchem Projekt werden Sie in Pforzheim arbeiten? Ich habe da eine Idee von einer besonderen Gehhilfe. Da würde ich in den drei Monaten gerne den Prototyp entwickeln. Die Großmutter meines Freundes sah mit ihrem Gehstock immer etwas kläglich aus. Ich habe mich schlecht gefühlt, sie so zu sehen. Da will ich helfen mit meinem Projekt.
n Was sagt Alexander Schlag von der Jury?
Carolina Rebelos Konzept hat uns von Anfang an fasziniert. Es ist ja gerade kein Spazierstock zum Hinsetzen, sondern etwas ganz Eigenes. Sie will eine Geh-Hilfe entwerfen, die den Benutzer nicht stigmatisiert, sondern die eher als Auszeichnung funktioniert, so dass man den Eingeschränkten mit Respekt begegnet.

 

 

Vera Stassen – Stipendiatin Schmuckdesign

. . . wurde am 14. November 1986 in Essen (Nordrhein-Westfalen) geboren. Sie wohnt in Krefeld.
n Wie haben Sie von der Ausschreibung erfahren? War Ihnen Pforzheim als Kreativstandort ein Begriff? Der Verband Deutscher Industriedesigner hat mich informiert. Ich war begeistert von der Ausschreibung. In Pforzheim war ich auch schon. Von der Hochschule und der langen Schmuck-Tradition hört man gerade auf Messen immer wieder.
n Was ist das Besondere an Ihren Arbeiten? Ich habe erst eine Goldschmiedeausbildung gemacht, arbeite aber inzwischen vorwiegend mit Keramik. Das beeinflusst sich natürlich stark. Gerade, wenn ich aus keramischen Materialien Schmuckstücke mache.
n An welchem Projekt werden Sie in Pforzheim arbeiten?
Mein Projekt verbindet Steinkohle und Silber. Kohle hat für mich als Ruhrpott-Kind natürlich eine emotionale Bedeutung. Es ist aber auch als Material spannend. Erst ist es brüchig, wenn man es aber auf eine bestimmte Art bearbeitet, wird es total fest. Ich versuche, in Pforzheim eine ganze Kollektion nach dieser Idee zu fertigen.
n Was sagt Alexander Schlag von der Jury? Bei Vera Stassen bestand ziemlich schnell eine außergewöhnliche Einigkeit, dass sie das Stipendium bekommen soll. Sie hat eine neue Materialität gefunden, die interessant ist – und dabei eine ganz außergewöhnliche Ästhetik hat.

 

Elke Fiebig – Stipendiatin Modedesign

. . . wurde am 3. Dezember 1986 in Zwenkau (Sachsen) geboren. Sie wohnt in Berlin.
n Wie haben Sie von der Ausschreibung erfahren? War Ihnen Pforzheim als Kreativstandort ein Begriff? Davon habe ich von mehreren Seiten erfahren: Eine Freundin hat mir die Ausschreibung weitergeleitet, ich bin über sie aber auch selbst im Internet gestolpert. Als ich an der Hochschule Berlin-Weißensee studiert habe, habe ich einige Leute kennengelernt, die vorher in Pforzheim waren.
n Was ist das Besondere an Ihren Arbeiten? Ich versuche, Mode mit Nachhaltigkeit zu verbinden. Das muss rational, aber auch sinnlich überzeugen. Ich arbeite oft mit Naturfarben oder einer speziellen Haptik.
n An welchem Projekt werden Sie in Pforzheim arbeiten?
Ich werde an meiner Kapsel-Garderobe arbeiten. Das Ziel ist es, mit wenigen Teilen viele Möglichkeiten zu haben. Da geht es um wendbare Stücke oder solche, die im Sommer wie Winter getragen werden können.
n Was sagt Alexander Schlag von der Jury?
Mit der Nachhaltigkeit bringt Elke Fiebig ein Thema auf hohem Niveau ein – gerade in der Modewelt ist diese Frage ja hochaktuell. Hier werden viele Sachen nach kurzem Tragen einfach weggeworfen. Die Frequenz ist enorm. Fiebigs Konzept ist also sehr stark. Gleichzeitig sind ihre Kleidungsstücke auch gut tragbar. Das hat uns einfach überzeugt.

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