Narrensprung in Rottweil
In Corona-Zeiten müssen sich auch die Narren an neue Regeln gewöhnen.
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Baden-Württemberg
Die Corona-Grenzen der Narrenfreiheit: So wird dieses Jahr Fasching gefeiert
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 «Herr Kretschmann hat uns da schon ein bisschen einen Bärendienst erwiesen», sagt Florian Angele. «Es ist wirklich schwierig, den Narren jetzt zu sagen, was sie dürfen und was nicht. Und hinter der Fasnet steckt ja ein Haufen Arbeit.» Seit Monaten bereitet sich der Zunftmeister mit den Narren im oberschwäbischen Aulendorf auf die Hochphase der schwäbisch-alemannischen Fasnacht vor. Unter welchen Bedingungen die gefeiert werden kann, erfuhren die Narren aber sehr kurzfristig aus Stuttgart - fünf Tage vor dem Start in Aulendorf mit einer Maskenbeschwörung am Mittwochabend.

Zur Unklarheit hatte Ministerpräsident Winfried Kretschmann - nach eigener Aussage «leidenschaftlicher Fastnachts-Narr» - zuletzt seinen Teil beigetragen. Nachdem er in der vergangenen Woche zunächst erklärt hatte, Fastnachtsumzüge würden nicht erlaubt sein, betonte er einen Tag später im Landtag: «Veranstaltungen zur Pflege des örtlichen Fasnet-Brauchtums sind in Absprache mit den zuständigen Behörden unter der 3G-Regel möglich.»

Großes Interesse am Narrensprung in Rottweil

Die Reaktionen der Narren auf diese Ankündigung fielen in etwa so unterschiedlich aus wie die Aussagen Kretschmanns selbst. In Rottweil bastelten die Verantwortlichen in kürzester Zeit ein Konzept zusammen, um am Fasnetsmontag und -dienstag ihre traditionellen Narrensprünge veranstalten zu können. Teile der Innenstadt sollen abgesperrt, die Zugänge durch einen Sicherheitsdienst kontrolliert werden. Besucher und Narren müssen nachweisen, dass sie geimpft oder genesen sowie negativ auf das Coronavirus getestet worden sind.

Trotz der Auflagen ist das Interesse laut Stadtsprecher Tobias Hermann enorm: Am Montag, dem ersten Tag im freien Verkauf, seien sämtliche Karten für die beiden Umzüge mit je höchstens 4500 Zuschauern ausverkauft gewesen. Der Stadt sei es wichtig gewesen, das zu ermöglichen, betont Hermann. «Der Rottweiler Narrensprung ist eine der ältesten Volksfastnachten Deutschlands.»

Weingarten: Narren weichen ins Fußballstadion aus

Anderswo lässt sich die Innenstadt für Umzüge mit Zugangskontrollen dagegen nicht so leicht absperren. In Weingarten sollen die Narren am Sonntag deshalb nicht durch Straßen und Gassen ziehen, sondern über die Aschebahn des örtlichen Fußballstadions. Bis zu 1500 Zuschauer dürften so den «Narrenmarsch» hinter dem Geländer verfolgen, sagt die Pressesprecherin der Plätzlerzunft Altdorf-Weingarten, Bettina Haider. «So gibt es eine kleine närrische Meile, im Stadion können wir die Zugangskontrollen gewährleisten.»

Absagen in Konstanz und Schramberg

In Konstanz will die Zunft der «Blätzlebuebe» dagegen auf größere Züge verzichten - und damit auf das traditionelle «Wurstschnappen» am Fasnetsmontag. «Das wollen wir auch unter gelockerten Bedingungen nicht durchführen», sagt Zunftmeister Roland Scherer. Da die Corona-Zahlen in Schulen und Kitas nach wie vor hoch seien, halte er Kinderumzüge für schwierig: «Da haben wir eine Verantwortung.» Kleinere Bräuche wie das Wecken der Narren oder das Laternenfest am «Schmutzigen Donnerstag» sollen demnach aber mit 2G-Regeln stattfinden.

Zugangskontrollen und Zäune - bei den Narren in Schramberg im Schwarzwald stößt diese Vorstellung auf wenig Begeisterung. Die «Da-Bach-na-Fahrt», bei der sich wagemutige Narren in Zubern normalerweise vor tausenden Zuschauern den Kirchbach hinuntertreiben lassen, falle deshalb erneut aus, sagt Zunftmeister Tobias Dold. «Wir wollen nichts Abgesperrtes.» Große Massen könne man sich zur Fastnacht ebenfalls nicht vorstellen, stattdessen werde man in kleineren Runden feiern - und nicht öffentlich dafür werben.

In einem sind sich viele Narren aber einig: Die Fastnacht mag anders werden als vor Corona, eine «echte» wird es dennoch. «Man merkt schon, dass sich die Leute darauf freuen, mal wieder Leute im «Häs» zu sehen», sagt Blätzlebuebe-Zunftmeister Scherer in Konstanz über die Aussicht auf Narren-Kostüme in den Straßen. «Es fühlt sich wie echte Fasnet an», sagt auch der Aulendorfer Zunftmeister Florian Angele. Verhindern lasse sich die Fastnacht ohnehin nicht: «Das ist ein Fest, das sich das Volk nimmt.»

Deshalb sollten auch am Mittwochabend in Aulendorf bei Feuerschein und Tanz wieder die Masken beschworen und danach am Rathaus das Regiment über die Stadt eingefordert werden - wenn auch mit Zäunen und Kontrollen.

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