Beratungsstellen: Verelendung von Prostituierten nimmt zu.

dpa
Baden-Württemberg
Beratungsstellen: Verelendung von Prostituierten nimmt zu

Karlsruhe. Prostitution führt Hunderte von Frauen in Baden-Württemberg in einen Kreislauf von Armut, Abhängigkeit und Depression. Dies ergab eine Umfrage der Nachrichtenagentur dpa bei Beratungsstellen und Verwaltungen in mehreren Städten. «Der Straßenstrich hat zugenommen, da gibt es Konflikte mit den Anwohnern», sagte die Karlsruher Diakonieberaterin Elisabeth Förther-Barth.

Eine gesellschaftliche Ausgrenzung der meist aus Südosteuropa kommenden Frauen würde die Not nur weiter verschärfen. In Karlsruhe will das Diakonische Werk deswegen im Sommer eine spezielle Beratungsstelle für Prostituierte einrichten. Überlegungen zur Gründung einer solchen Einrichtung, gemeinsam mit dem Landkreis und einem freien Träger, gibt es auch in Pforzheim. «Der Bedarf ist weit größer, als ich angenommen habe», sagte die Leiterin der seit einem Jahr bestehenden Mannheimer Beratungsstelle Amalie, Julia Wege. In Freiburg bemüht sich das Ausstiegsprojekt Pink um eine Anschlussfinanzierung der Einrichtung in Freiburg und Kehl, die sich jetzt in ihrem letzten Jahr befindet. «Es wäre jammerschade, wenn wir nach fünf Jahren guter Arbeit aufhören müssten», sagte Sozialarbeiterin Simone Heneka.

Mehrere Beraterinnen berichteten, dass es einen Trend zu immer jüngeren Prostituierten gebe. «Dabei sind auch 18-Jährige eigentlich noch wie Kinder», sagte die Stuttgarter Sozialarbeiterin Sabine Constabel. Viele Freier stellten dreiste Forderungen bei niedrigen Preisen, ein großer Teil verlange Geschlechtsverkehr ohne Kondom. «Es gibt Männer, die kaufen sich eine Frau wie eine Curry-Wurst», erklärte Constabel.

Druck üben auch die Zuhälter sowie Familienangehörige aus - insbesondere bei Frauen aus Rumänien, Bulgarien oder Ungarn, die zurzeit den größten Teil der Prostituierten stellen. Zusätzlich verschärft wird die Lage durch eine oft prekäre Wohnsituation. Die Armutsprostituierten sind zudem in den meisten Fällen nicht krankenversichert. Die Beratungsstellen bieten daher auch medizinische Hilfe, etwa bei Geschlechtskrankheiten. Immer wieder kommt es zu ungewollten Schwangerschaften.

Die Verelendung zeigt sich vielfach in Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen, ein Teil der Frauen flüchtet sich in Alkohol, Tabletten oder Drogen. «Ein neueres Phänomen ist die Spielsucht», hat Wege beobachtet, deren von der Diakonie getragene Beratungsstelle unweit des Straßenstrichs in der Mannheimer Neckarstadt liegt.

Die Stuttgarter Sozialbürgermeisterin Fezer sprach sich für eine Änderung des Prostitutionsgesetzes von 2002 aus: «Wir sind dringend darauf angewiesen, dass es zu einer Änderung kommt.» Dabei sollte eine Genehmigungspflicht für Bordellbetriebe eingeführt werden. Damit gäbe es die Möglichkeit, Auflagen zu erteilen und Kontrollen vorzunehmen. «Das würde den Menschen, die aufs Übelste ausgebeutet werden, das Leben einfacher machen.»

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