Will die Intendanz übernehmen: Regisseur René Pollesch. Foto: Stache
Kultur
Auf zu alten Ufern: René Pollesch und die Berliner Volksbühne
  • Julia Kilian

Berlin. Der Volksbühne wären womöglich einige Probleme erspart geblieben, wenn die Entscheidung gleich so gefallen wäre: Regisseur René Pollesch (56) wird neuer Intendant des Theaters am Rosa-Luxemburg-Platz. In zwei Jahren soll er das Haus übernehmen. Damit zieht einer ein, der das Theater lange kennt. Pollesch war viele Jahre unter Frank Castorf an der Volksbühne. Einem eigenwilligen Haus mit starken Charakteren. Die Volksbühne liegt zwischen hippen Kleidungsläden und vietnamesischen Restaurants. Davor steht die Räuberrad-Skulptur.

Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke) sagt, ihm sei klar gewesen, dass die Neubesetzung eine der schwierigsten Entscheidungen seiner Amtszeit werde. In der Vergangenheit ist eine Lösung schon schief gelaufen. Es gab Kritik, eine Besetzung, einen Abgang und einen Aufräumer.

Abende mit Textschlachten

Für ein Vierteljahrhundert war die Volksbühne Castorfs Haus. Das bedeutete oft lange Abende mit Textschlachten, Videoleinwänden, Kunstblut. Nach 25 Jahren sollte der Museumsmacher Chris Dercon Erneuerung bringen. Aus der Kulturszene aber schlug dem Belgier viel Skepsis entgegen. Ein paar Tage wurde das Haus besetzt.

Kritiker warfen Dercon vor, aus der Volksbühne eine Eventbude zu machen. Am Ende gab er seinen Posten nach nicht mal einem Jahr auf. Die Volksbühne kämpfte mit den Finanzen, einem fehlenden Ensemble, Lücken im Spielplan. Der als Geschäftsführer engagierte Klaus Dörr sprang als Intendant ein. Er verlässt das Haus, wenn Pollesch kommt. Kehrt die Volksbühne nun also zu Castorf’schen Wurzeln zurück? Pollesch wurde im hessischen Friedberg geboren und hat in Gießen Angewandte Theaterwissenschaften studiert. Der Autor und Regisseur hat an vielen Bühnen gearbeitet, experimentierfreudig eigene Stücke inszeniert, Wortkaskaden und übergroße Hühner kombiniert.

Als seine Personalie verkündet wird, sitzt Pollesch mit Lederer im Roten Salon der Volksbühne. Pollesch liest einen Zettel vor. Er wolle seine Arbeitsweise auf ein Haus übertragen und es auch für andere „nicht stadttheatergeeignete Arbeitsweisen“ öffnen. „Ich bin ganz klar von Castorf zu unterscheiden“, heißt es in dem Papier. Pollesch will mit Martin Wuttke, Kathi Angerer und Sophie Rois bekannte Schauspieler zurückholen. Senator Lederer sagte vor einem Jahr, alle seien sich einig, dass die Volksbühne „diverser, weiblicher, jünger werden“ solle. „Und das wird sie mit René Pollesch.“

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