Weil ein Arbeiter an Westtangenten-Baustelle in Not geraten ist, gab es einen Großeinsatz der Pforzheimer Feuerwehr, der die Retter 1000 Meter tief in den Arlinger Tunnel führte. Foto: Feuerwehr Pforzheim
Weil ein Arbeiter an Westtangenten-Baustelle in Not geraten ist, gab es einen Großeinsatz der Pforzheimer Feuerwehr, der die Retter 1000 Meter tief in den Arlinger Tunnel führte. Foto: Feuerwehr Pforzheim
Pforzheim
Arbeiter an Westtangenten-Baustelle in Not: Großeinsatz der Retter 1000 Meter tief im Arlinger Tunnel
  • Thomas Kurtz

Pforzheim. Das ließ nichts Gutes ahnen. Sechs Fahrzeuge mit 20 Einsatzkräften der Feuerwehr Pforzheim und drei Fahrzeuge mit sechs Einsatzkräften vom Rettungsdienst eilten am Mittwochvormittag zur Baustelle des Arlinger Westtangenten-Tunnels an der Dietlinger Straße in Pforzheim. Nach der großen Notfallübung vor fast genau zwei Monaten war dies der erste echte Einsatz für die Pforzheimer Feuerwehr, die ja vertraglich als Tunnelwehr fungiert. Nach dem ersten Alarm mussten die Retter davon ausgehen, dass weit in der Tunnelröhre unterm Arlinger ein Arbeiter in einer Baumaschine eingeklemmt ist.

Wie es der Einsatzplan für die Tunnelwehr vorsieht, rückten dann gegen 10.30 Uhr sechs Fahrzeuge aus. Ähnlich wie beim einem angenommenen Brandfall, bei dem ein Löschzug aus vier Fahrzeugen besteht, ist bei einem Tunneleinsatz dieser Art ein halbes Dutzend Fahrzeuge mit bestimmter Ausrüstung und Besatzung vorgeschrieben. Schließlich könnte man ja in einem Notfall mit unvorhersehbarem Ausmaß durch das Nach-Alarmieren von anderen Feuerwehr-Einheiten wertvolle Zeit verlieren.

Die erste Lageerkundung ergab, dass sich der Arbeiter etwa 1000 Meter tief in der Tunnelröhre befand. Gemäß Einsatzkonzept „Tunnelbaustelle“ fuhren das erste Hilfeleistungslöschfahrzeug sowie der an der Tunnelbaustelle vorgehaltene „Gerätewagen Tunnel“ mit Notarzt und Rettungsdienstpersonal in die Tunnelröhre ein. Weitere Einsatzkräfte gingen vor dem Tunnelportal in Bereitstellung.

Vor Ort stellte sich dann jedoch heraus, dass der über Rückenschmerzen klagende Arbeiter verletzt, aber nicht eingeklemmt war. Er wurde vom Rettungsdienst medizinisch betreut und durch die Feuerwehr mittels des „Gerätewagens Tunnel“ aus der Tunnelröhre gebracht. Anschließend wurde der Patient mit einem Rettungswagen in eine Klinik verbracht.

Für die Feuerwehr war dieser letztlich unspektakuläre, aber vorschriftsmäßig abgewickelte Einsatz die „Tunnelpremiere“. Zuvor gab es dort nur einen medizinischen Notfall, bei dem der Rettungsdienst ohne Feuerwehr-Hilfe zum Einsatz kam.

Zahlen und Fakten zum 1. Bauabschnitt der Westtangente

Ausgangslage

Im Innenstadtbereich Pforzheims treffen die Verkehrsströme dreier Bundesstraßen aufeinander. Die B10 kommt aus Karlsruhe und führt in Ost-West-Richtung nach Stuttgart, die B294 aus dem Enztal führt in Süd-West-Richtung nach Bretten. Aus der Stadtmitte in Richtung Nagold führt die B463 in Süd-Richtung. Bedingt durch eine fehlende Verkehrsverbindung zwischen den qualifizierten Straßen im gesamten Raum westlich außerhalb von Pforzheim sowie dem ein- und ausströmenden Ziel- und Quellverkehr entsteht im Innenstadtbereich ein großer Anteil an Durchgangsverkehr mit entsprechend hohem Schwerverkehrsanteil. Daneben wird das beschriebene Netz an Wochenenden zusätzlich durch Freizeitverkehr belastet, der mangels alternativer Fahrtrouten in den Schwarzwald entsteht. Dies verdeutlicht den unmittelbaren Bedarf einer leistungsfähigen Ortsumfahrung westlich von Pforzheim.

Von der A8-Anschlussstelle Pforzheim-West bis zur B294 im Brötzinger Tal führt der der 1. Bauabschnitt der Westtangente. Der 2. Bauabschnitt soll dann zumeist unterirdisch hinter Dillweißenstein ins Nagoldtal zur B463 führen. Mit der Fertigstellung der kompletten Westtangente müsste der gesamte Autobahnverkehr in den Schwarzwald, insbesondere der Schwerlastverkehr, nicht mehr durch Pforzheim fahren.

Planungsstand: Im Bau

Vorhabenträger: Bund, Stadt Pforzheim

Kosten: rund 122,5 Mio. €

Baulänge: rund 2,75 km

Baubeginn: 2009

Bauende: voraussichtlich Ende 2023

Teilabschnitt 1.01

Der Bauabschnitt 1.01, welcher die Anbindung der A8-Anschlussstelle Pforzheim West an die B10 umfasst, konnte bereits im Jahr 2012 baulich fertiggestellt werden.

Bauzeit: 2009 - 2012

Baukosten: rund 10,0 Mio. €

Teilabschnitt 1.02

Der im April 2019 fertiggestellte Bauabschnitt 1.02 beginnt im Norden im direkten Anschluss an die A8-Anschlussstelle Pforzheim-West und führt anschlussfrei in Richtung Süden, während die Heilbronner Straße und der Römerwestweg gekreuzt werden, bevor der Anschluss an die Dietlinger Straße (L562) das Ende des Bauabschnittes markiert.

Bauzeit: November 2015 - April 2019

Baukosten: rund 20,0 Mio. €

Teilabschnitt 1.03

Der Bauabschnitt 1.03 umfasst den Streckenabschnitt des Arlinger Tunnels einschließlich der Anbindung an die B294 beziehungsweise den Anschluss an das Gewerbegebiet Oberes Enztal. Das künftige Nordportal und somit der Beginn des neuen Streckenabschnitts liegt circa 100 m südlich der L562 (Dietlinger Straße), nordwestlich des Ortsteils Pforzheim-Arlinger. Von Nord nach Süd unterquert der Tunnel den Höhenrücken des Arlingers. Das Bauvorhaben besteht aus dem eigentlichen Verkehrstunnel, der Hauptröhre, und einem im Osten angelegten Rettungsstollen sowie weiteren Teilbauwerken (vier Querschläge, drei Betriebszentralen, zwei Pannenbuchten, ein Löschwasserbecken, ein Havariebecken).

Die Länge des Tunnels beläuft sich auf 1,3479 Kilometer. Der Rettungsstollen hat eine Länge von 1,0773 Kilometer. Im Bereich des Nord- sowie Südportals werden die ersten circa 50 Meter in offener Bauweise gebaut. Der größte Teil des Tunnels wird in bergmännischer Bauweise hergestellt. Als Bauverfahren hierfür wird die neue österreichische Tunnelbauweise verwendet. Diese findet Anwendung auf Grund des inhomogenen Gebirges um auf gebirgsschonende Weise das Material auszubrechen. Es werden temporäre Sicherungen aus Spritzbeton, Ausbaubögen, Gebirgsankern und Spießen eingesetzt. Insgesamt werden in diesem Bauabschnitt circa 330.000 Kubikmeter Aushub- und Ausbruchmassen anfallen.

Die Bauzeit für die Rohbauarbeiten einschließlich der notwendigen Betriebsausstattung ist mit rund viereinhalb Jahren veranschlagt.

Bauzeit: Mai 2019 - voraussichtliches Ende 2023

Baukosten: rund 92,5 Mio. €

Themen

PforzheimPforzheimRetterUnfall