Die evangelische Dekanin Christiane Quincke vor dem Ehrenkreuz. Foto: Ketterl
Oberbürgermeister Peter Boch während seiner Ansprache bei der Gedenkfeier auf dem Hauptfriedhof. Foto: Ketterl
Pforzheim
23. Februar – „Ein Tag der Trauer“: Gedenkfeier auf dem Hauptfriedhof
  • Thomas Frei

Pforzheim. Nur wenige Wochen vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs, am 23. Februar 1945, war Pforzheim in einem 20-minütigen Bombardement durch die britische Luftwaffe zerstört worden. „Mehr als 17.500 Menschen wurden getötet. Das heutige Datum ist für uns seitdem ein Tag des gemeinsamen Gedenkens und des Mahnens vor den furchtbaren Auswirkungen von Krieg und Gewalt. Es ist ein Tag der Trauer um diejenigen, die im Bombenhagel und Feuersturm zu Tode kamen“, sagte Oberbürgermeister Peter Boch am Freitagnachmittag bei der Gedenkfeier am Ehrenkreuz auf dem Hauptfriedhof.

Trotz eisiger Temperaturen waren etliche Bürger zur Großgrabstätte gekommen. Die Polizei schätzte deren Zahl auf 250, die Stadtverwaltung sprach von rund 300 Teilnehmern.

Die entsetzliche Grausamkeit des Kriegs habe Pforzheim vor 73 Jahren getroffen. „Es war die Brutalität eines Weltkriegs, der von deutschem Boden ausgegangen ist. In diesem Wissen umfasst unser Gedenken auch die viel zu vielen Menschen, die im Zweiten Weltkrieg Ähnliches erlitten hatten“, merkte der OB an. Er nannte Städte wie Rotterdam, Belgrad, Gernika, London, Leningrad oder Coventry, die von Deutschen angegriffen wurden. Und Städte, auf die Bomben der Alliierten fielen, wie Dresden, Hamburg, Kassel, Heilbronn und Pforzheim, wie Hiroshima und Nagasaki.

In Pforzheim, so Boch, sei das Leben von einem Viertel der Einwohner ausgelöscht worden. Wer überlebte, habe Schreckliches miterlebt, sich in den Trümmern seiner Stadt und seines Lebens wiedergefunden. Dabei seien die Bomben auf Pforzheimer und Durchreisende, auf Fremdarbeiter und Kriegsgefangene, auf Junge und Alte, auf Zivilisten und Soldaten gefallen. Darunter hätten sich auch Kinder befunden, die ihre Zukunft noch vor sich hatten.

Blick in die Zukunft gerichtet

Doch Pforzheim habe überlebt. „Es war alles verloren, aber es war nicht das Ende. Es lag doch wieder eine Zukunft vor der Stadt nach der Stunde Null. Die Wunden im Stadtbild wurden geschlossen, die Narben verblassten. Man gewöhnte sich an das geänderte Bild, und unmerklich wurde Pforzheim wieder zum Zuhause, zu einer Stadt mit Lebensqualität, einem lebendigen, wirtschaftlich aufstrebenden Zentrum“, führte Boch aus. Zudem: „In unserem verantwortungsvollen Gedenken liegen auch Hoffnung und Menschlichkeit. Humanität bedeutet, dass Menschen hoffen dürfen. Und wo Hoffnung ist, richtet sich der Blick in die Zukunft. Das war 1945 nicht anders als heute.“

Den Toten des 23. Februar 1945 und Opfern des Nationalsozialismus schulde man, „dass keine Bomben mehr fallen, sondern wir im anderen die Schwester und den Bruder erkennen“, mahnte die evangelische Dekanin Christiane Quincke. Zu viele hätten damals weggehört und weggesehen, als die jüdischen Mitmenschen ausgeraubt und deportiert wurden, die Kommunisten ins Konzentrationslager, Christen ins Gefängnis kamen. Heute höre und sehe man fassungslos, was im syrischen Ost-Ghouta geschehe. Auch wenn man nur sehr wenig tun könne, „wir können Schutz bieten für diejenigen, die es bis zu uns schaffen. Aber wir lassen noch nicht mal die Familienangehörigen hierher kommen“, sagte Quincke. Kein Mensch solle mehr sagen müssen: „Wir wissen nicht, wohin wir fliehen sollen.“ Nicht in Pforzheim, nicht in Ost-Ghouta, nirgendwo.

Für die katholische Kirche sprach Pfarrer Georg Lichtenberger ein Gebet. Vor dem Ehrenkreuz wurden Kränze niedergelegt, das Wandernagelkreuz aus Coventry an die Partnergemeinde der Stadtkirche in Michendorf-Wildenbruch (Brandenburg) übergeben. Die Bläsergruppe des Musikzugs der Feuerwehr umrahmte die Feier mit Chorälen.

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